Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 217

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

zu übernehmen, wenn man ihr die entsprechenden Rahmenbedingungen gibt. Gleichzeitig sollte es auch gelingen, dieses Ausbildungssystem nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für junge und leistungsfähige Menschen wieder attraktiver zu machen, sodaß wir mehr motivierte, engagierte junge Menschen in dieses System bekommen und diese jungen Menschen nicht alle ins berufsbildende Schulsystem abwandern, wobei viele dann zu den Abbrechern und zu den unzähligen Repetenten gehören. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben heute schon ausführlich über die Schule diskutiert und darüber gesprochen, wie erfolgreich unsere Volksschule im internationalen Vergleich ist. Es gibt aber natürlich auch andere Untersuchungen, und gerade von wirtschaftlicher Seite kommen immer wieder Reklamationen und das Argument, daß einer der wesentlichen Gründe für die Einstellung der Ausbildung in den Betrieben der Mangel an qualifizierten Bewerbern ist.

Ich habe große Sorge, ob die finanzielle Unterstützung durch das Arbeitsmarktservice und die verschiedenen Landesregierungen ausreichen wird. Ich darf Ihnen sagen: In Tirol haben 260 junge Schulabgänger des vergangenen Jahres trotz massiver finanzieller Unterstützung durch AMS und Amt der Tiroler Landesregierung noch keinen Ausbildungsplatz, und wir erwarten jetzt 3 700 weitere Schulabgänger. Die Situation wird sich daher drastisch verschärfen. Was wir also wirklich brauchen, ist eine echte Reform, sonst wird sich diese Schere immer weiter auseinander bewegen.

Ich möchte zwei konkrete Zahlen aus Tirol nennen: Die Bereitschaft der Betriebe, auszubilden, ist um 47 Prozent gesunken, während sich jetzt um 18 Prozent mehr Lehrstellensuchende auf dem Markt befinden. Auf der anderen Seite gibt es überfüllte BHS und Abbrecher- und Repetentenquoten, was Milliarden kostet. Und weil wir gerade über die Qualität der österreichischen Schule gesprochen haben: 20 Prozent der 20- bis 25jährigen haben überhaupt keine Ausbildung, die über den Pflichtschulabschluß hinausgeht, und diese sind – das beweisen die Statistiken – am meisten von Arbeitslosigkeit bedroht.

Sie haben ein Reformpaket angekündigt. Ich möchte nicht ungerecht sein, muß aber dazu sagen: Übriggeblieben ist quasi eine sozialpartnerschaftliche Nullösung. Es gibt einzelne kleine Schrittchen, die aber den großen Umschwung – wie ich befürchte – nicht herbeiführen werden, weil sie die Attraktivität dieser Ausbildung nicht in dem Maße verbessern werden, wie es in letzter Konsequenz auch von der Wirtschaft gewünscht wurde. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir werden morgen noch Zeit haben, über das Berufsausbildungsgesetz und über die Berufsreifeprüfung zu diskutieren. Letztere wird ebenfalls nicht der Zielsetzung gerecht, die Ausbildung attraktiver zu machen, und zwar deshalb, weil es keine Begleitbedingungen dafür gibt. (Abg. Schuster: Sie waren nicht im Ausschuß!) Der Beamtenentwurf, der zum § 46 vorliegt, sieht eine Differenzierung nach Möglichkeit und vielleicht Freigegenstände vor. – Das gibt es jetzt schon, und das konnte auch jetzt schon nicht eingesetzt werden.

Wir geben zu: Es ist ein positiver Schritt, daß im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz nun das Enden des Jugendschutzes für Lehrlinge mit 18 Jahren festgesetzt und diese in diesem Punkt den anderen Jugendlichen gleichgestellt sind. Es ist positiv, daß es Flexibilisierungen und Anpassungen an die EU-Richtlinie gibt. All das wird aber nicht wirklich dazu beitragen, einen der Hauptgründe für den Rückgang der Beschäftigung von Lehrlingen, den die Wirtschaft nennt, zu beseitigen, nämlich die Kosten dieser Lehrlingsausbildung. Denn wenn Sie zwar eine Entlastung bei den Krankenversicherungsbeiträgen der Lehrlinge vornehmen, dann aber im Bereich der Angestellten die Versicherungsbeiträge anheben, so ist das lediglich eine Umschichtung. Das erhöht die Lohnnebenkosten und wird in letzter Konsequenz die Attraktivität dieses Systems für die Unternehmungen nicht erhöhen. Darüber hinaus berücksichtigen Sie in keiner Weise, daß es durchaus auch Betriebe mit einem hohen Angestelltenanteil gibt, die weder Lehrlinge ausbilden können noch dürfen, aber dennoch diese erhöhten Lohnnebenkosten zu tragen haben.

Zum Entschließungsantrag des Kollegen Öllinger – ich bin immer noch entsetzt über deine Aussagen! – hat Kollege Peter schon Stellung genommen. Die Begründung ist an sich


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite