Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 219

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Wer in Zukunft "belämmert" schaut, weil man dieses Wort mit einem Umlaut schreibt, weil es von "Lamm" kommt, oder sich mit Umlaut "schnäuzen" muß, weil dieses Verb von "Schnauze" kommt, wer sich darüber freut, "dass" er das erste "dass", welches ich jetzt gesagt habe, mit Doppel-s schreiben darf, aber die Ringstraße weiterhin mit scharfem S, wer sich insbesondere diebisch darüber freut, daß er beim "Känguru" in Hinkunft das stumme "h" auslassen darf, und wer sich darüber freut, daß in Zukunft bei Infinitiv- und Partizipgruppen ein Komma nur noch gesetzt wird, wenn sie durch eine demonstrative Wortgruppe angekündigt oder wiederaufgenommen werden oder aus der übrigen Satzstruktur herausfallen, der mag glauben, daß es eine Rechtschreibreform gegeben hat, noch dazu eine, die dem Anspruch gerecht werden könnte, nicht zu selektieren, der besseren Kommunikation zu dienen, der Entrümpelung von Lehrplänen und damit der Entlastung von SchülerInnen dort, wo die Rechtschreibung wirklich noch relevant ist.

Aber das Interessante an dieser Rechtschreibreform ist, daß es sie nicht gibt! Ich anerkenne mit tiefem Ernst, daß Experten über zehn Jahre daran gearbeitet haben, um sich nicht zu einer Reform duchzuringen; nicht zur Substantivkleinschreibung, nicht zur wirklichen Verbesserung bei der Groß- und Kleinschreibung, bei der S-Schreibung und bei der Getrennt- und Zusammenschreibung. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Rechtschreibreform ist daher nicht möglich, weil es eine solche nicht gibt und weil sie niemals stattgefunden hat. (Beifall des Abg. Öllinger. )

Der Antrag der FPÖ ist aus formalen Gründen dennoch abzulehnen, weil die Rechtschreibung nicht Gegenstand der Legislative ist. Es gibt darüber kein Gesetz, sondern es handelt sich dabei vielmehr um einen gesellschaftlichen Konventionsbereich. Als Lehrinhalt, basierend auf dem Schulorganisationsgesetz als gesetzlicher Grundlage, wird die Rechtschreibung die SchülerInnen weiterhin sehr heftig plagen. Das muß ich leider zugeben. Daher muß ich auch Landeshauptmann Pühringer und auch den Autoren und Autorinnen assistieren und ihnen recht geben.

Das Komplizierte an der Debatte ist, daß man etwas, was es nicht gibt, auch nicht aussetzen oder aufschieben kann. Das heißt, wir stehen vor dem Phänomen, daß es angeblich etwas gibt, was viel kostet, was man aber nicht abschaffen, aussetzen oder verschieben kann. Das ist ein Dilemma. Daher bin ich wirklich ziemlich ratlos und plädiere dafür, daß man das Ganze einfach nicht zur Kenntnis nehmen soll. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 753 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme des Berichtes des Unterrichtsausschusses stimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Als zweites stimmen wir ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 754 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen bitten. – Ich stelle fest: 754 der Beilagen ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Dies war Punkt 7 der Tagesordnung.


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