Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 90

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denen Schienen durch die Gegend fahren, sondern versuchen, die Argumentationsstränge zu verknüpfen. Denn sehr vieles von dem, was die Sozialpolitiker sagen, stimmt, nämlich daß eine solche Erweiterung der Europäischen Union mit diesem groben Mißverhältnis in bezug auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf noch nie stattgefunden hat und daß die Erweiterung für ein Grenzland wie Österreich und die neuen Mitgliedsstaaten nicht vergleichbar ist mit der erfolgten Erweiterung um Spanien, Portugal und Griechenland. Zum zweiten kommt dazu, daß Österreich ganz besonders betroffen sein wird und das vor allem für den gesamten Grenzbereich massive Herausforderungen und Veränderungen bedeuten wird.

Diese Bedenken muß man meiner Meinung nach ernst nehmen und in die Verhandlungen mit einbeziehen und auch den osteuropäischen Partnern klar signalisieren: Das hat nichts mit einer politischen Ablehnung zu tun, sondern sie selbst sollen in die Bewältigung der Herausforderungen, die sich letztendlich für das gemeinsame und ganze Europa stellen, auch einbezogen werden.

Daher würde ich schon dafür plädieren, daß man – bei all der Klarheit der außenpolitischen Zielsetzung – versucht, die Frage der Osterweiterung auf jene Ebene zu bringen, auf der die Integration mit den anderen Politikbereichen auch vorhanden ist, denn letztendlich sind auch die Menschen in diesem Land und auch die Menschen in den Beitrittsländern davon betroffen.

Sagen wir es ganz offen: Wenn wir die Umweltstandards der Europäischen Union von heute auf morgen in den Beitrittsländern anwenden würden, kann sich jeder ausrechnen, was das für die Industrie dort bedeuten würde. Das heißt, dasselbe, was für die Umweltstandards im Osten gilt, gilt natürlich auf der anderen Seite für die Sozialstandards im Westen. Ich bin dafür, daß man eine einheitliche und klare Linie hat und nicht versucht, sich mit Augenzwinkern über gewisse Schwierigkeiten hinwegzuschwindeln, denn die Bevölkerung verfolgt das meiner Auffassung nach sehr genau, sehr präzise und völlig zu Recht sehr intensiv, weil es Auswirkungen auf das künftige Leben in Österreich haben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dritter und letzter Punkt: Ich finde, im Rahmen dieser Abkommen ist ein Punkt heute wenig diskutiert worden, wahrscheinlich auch deswegen, weil er relativ unbestritten ist. Das sind die Abkommen mit den südamerikanischen Staaten, also die Mercado-del-Sur-Angelegenheiten.

Das ist deswegen von Bedeutung, weil es doch signalisiert, daß sich Europa in einer sich zwar immer stärker globalisierenden Weltwirtschaft, die aber auch immer stärker regionale Integrationstendenzen aufweist, nicht von dieser Entwicklung abkoppelt, sondern dort, wo es regionale Kooperationen gibt, wie in diesem Raum, versucht, mit diesen Strukturen in Kontakt und in Austausch zu kommen, um damit eine ökonomisch bessere "Verwertungsbedingung" Europas zu signalisieren und um zum zweiten auch in Bereichen, die einmal als die "Hinterhöfe" anderer bezeichnet wurden, politisch und ökonomisch präsent zu sein. Das ist ein Schritt dazu, daß dieses Europa letztendlich das sein soll, als was es auch gedacht ist, nämlich als eine ganz potente Einheit, die nicht nur in der Weltökonomie, sondern auch in der Weltpolitik eine entscheidende Rolle spielt. Denn diese Welt braucht eine neue Balance. Derzeit ist die Weltpolitik nicht im Gleichgewicht, und das ist ungesund.

Daher hat Europa diese Verantwortung wahrzunehmen. Ich begrüße es sehr, daß die Frau Staatssekretärin die betroffenen Staaten besucht und, wie ich höre, einen sehr erfolgreichen Aufenthalt absolviert hat. Das zeigt auch, daß sich Österreich und die österreichische Außenpolitik diesbezüglich nicht ausklinken, sondern einen aktiven Beitrag leisten. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

12.53

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Zuerst noch ein Wort zur Frau Abgeordneten Tichy-


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