dium enthält, das will ich gar nicht in Zweifel ziehen. Aber in welcher Demokratie leben wir, wenn wir der Meinung sind, daß die demokratische Diskussion unter dem Anspruch, unter dem ein solches Gesetz beschlossen werden soll, gar nicht früh genug beginnen kann?
Ich bin nämlich der Meinung, Demokratie ist eine Gesellschaftsordnung, in der nicht ausschließlich die Experten das letzte Sagen haben, sondern Demokratie ist eine Gesellschaftsordnung, in der letztlich die demokratischen Gremien das letzte Sagen haben, und die Experten haben ihnen zuzuarbeiten. Das ist nicht zwangsläufig ein eindimensionaler zeitlicher Ablauf, etwa: Zuerst machen die Experten das Gesetz fix und fertig, und dann dürfen wir Parlamentarier auch noch ein bißchen darüber diskutieren – gerade in einer solch wichtigen Materie, wo es tatsächlich darum geht, mehrere verfassungsrechtliche Ansprüche, grundrechtliche Ansprüche, aber auch Staatsaufgaben von entscheidender Bedeutung so miteinander zu harmonisieren, daß alle Schutzinteressen bestmöglich gewahrt bleiben, aber auch die Zielerreichung der Staatsaufgabe – Verteidigung und Sicherheit – nicht vereitelt wird. Das ist etwas sehr Schwieriges. Ob nun dieser Zielkonflikt richtig aufgelöst ist oder nicht, das können nicht Experten entscheiden, sondern das müssen wir hier politisch entscheiden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)
Daher: Je früher die Diskussion beginnt, wenn sie sich nur auf die Sache konzentriert, desto besser ist es. Ich kann in diesem konkreten Antrag, über dessen Qualität man sicher diskutieren kann, nichts anderes erkennen als eine Positionierung zu einem Gesetz und nicht eine Positionierung zu keinem Gesetz. Daher habe ich den Kollegen Lukesch nicht verstanden – ich verstehe schon, daß er sich durch diese parlamentarische Aktion sehr stark angegriffen fühlt –, als er argumentiert hat, dieser Dringliche Antrag ziele darauf ab, daß es kein Gesetz geben möge. Ich meine, vielleicht handelt es sich um ein Gesetz, das Ihnen nicht gefällt, Kollege Lukesch, aber er ist zweifellos auf ein Gesetz hin abzielend, sonst macht der ganze Antrag gar keinen Sinn. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Da hätte Kollege Anschober eine Zeile schreiben dürfen, etwa: Heeresnachrichtendienste dürfen nicht sein! oder so ähnlich, vielleicht ein bißchen blumiger. Das steht aber nicht da.
Kollege Lukesch! Es ist vielleicht so, daß Sie mit diesem organisationsmäßigen Vorschlag nicht einverstanden sind, darüber kann man diskutieren. Aber gleich so weit zu gehen, daß man, wenn jemand, der frühzeitig gut informiert ist und einen bestimmten Vorschlag macht, der Ihnen nicht gefällt – mir vielleicht auch nicht, ich verstehe allerdings zuwenig davon im technischen Detail –, behauptet, er will das überhaupt nicht, das ist genau die Diskussion, die wir nicht führen sollten, die macht nämlich die Bürger verdrossen. Denn es ist so klar erkennbar, daß es auf ein Gesetz hinzielt – vielleicht auf ein falsches, das lasse ich jetzt offen –, daß jeder sofort begreift, daß das nur mehr Polemik ist.
Das ist bei einer solchen Materie besonders giftig, weil dahinter schon ein paar tiefere Probleme stecken. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) In diesem Haus wurden der Lauschangriff und die Rasterfahndung beschlossen, und bei dieser Gelegenheit wurde leider die Grenze zwischen Sicherheitspolizei und Geheimdienst sträflich überschritten. Die Abgrenzung, um die wir geradezu händeringend von diesem Pult aus gebeten haben, wurde bei Lauschangriff und Rasterfahndung nicht beachtet. Aber immerhin gibt es den vermeintlichen Ansatz irgendwelcher Kontrollen. – Gut.
Sie haben der Sicherheitspolizei indirekt geheimdienstliche Funktionen untergejubelt. Und jetzt wundern Sie sich, wenn die zwingende Notwendigkeit auftaucht, die bisher völlig rechtsfrei agierenden Bereiche – völlig rechtsfrei! – auch zu ordnen, und daß die natürlich jetzt nicht weniger haben wollen als die Polizei, sondern mehr. Das ist völlig logisch: Ein Geheimdienst wird immer mehr verlangen als eine Sicherheitspolizei. Das liegt in der Tendenz seines Wesens begründet. Wenn er seine Aufgaben maximal erreichen will, dann ist ihm an sich keine "Behinderung" angenehm. Er nimmt vielleicht zur Kenntnis – da knüpfe ich an den Kollegen Jung an –, daß man in einem Rechtsstaat solche Rahmen braucht, aber begeistert ist er verständlicherweise nicht.