Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 62

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konnte. Wenn ich mich an die Berichterstattung recht erinnere, dann hatte dieser Hinweis mit dem Täterprofil doch überhaupt keinen Zusammenhang. Man hatte nicht Sorge, daß hier ein mutmaßlicher Bombenbauer und Briefbombenverschicker herumfährt, sondern zwei junge Frauen fühlten sich von einem Mann offensichtlich verfolgt. Das heißt, das, was im Täterprofil gestanden ist – und ich glaube, daß das auch sehr wesentlich ist in bezug auf den Vorwurf, den die Freiheitlichen gemacht haben –, hatte mit dieser ganzen Entwicklung in Wahrheit nichts zu tun.

Auch die Veröffentlichung oder Nichtveröffentlichung hätte in diesem Fall überhaupt keine andere Entwicklung hervorgerufen. Insofern ist auch dem Abgeordneten Kiss und dem Abgeordneten Platter zu widersprechen. Sie haben gesagt, es hätte wahrscheinlich schon früher eine Aufklärung gegeben, wenn die Rasterfahndung bereits zur Verfügung gestanden wäre. Aber ich wiederhole: Hätte es das bisherige Täterprofil als Grundlage für eine Rasterfahndung gegeben, dann wäre doch genau die Person des Herrn Fuchs schon aufgrund des Alters herausgefallen. Als Herr Abgeordneter Kier das angemerkt hat, hat es von seiten der ÖVP schon einige Unmutsäußerungen gegeben, wie in etwa: Na ja, nur weil dort gestanden ist: "50 und älter" und weil der Herr Fuchs erst 48 ist, werden Sie doch nicht glauben, daß er herausgefallen wäre.

Und da sind wir genau bei dem Punkt, den die Liberalen in diesem Zusammenhang immer relevieren: Es wird ein Täterprofil erstellt. Dann sagt man: Wir machen einen Raster. Aber so genau nehmen wir es nachher nicht damit, denn der ist vielleicht 50 Jahre oder älter oder vielleicht auch ein bißchen jünger, da nehmen wir dann gleich die 40- oder 45jährigen auch noch dazu. – Und so wird der Kreis ausgeweitet. Das führt dazu, daß massiv in Grundrechte eingegriffen werden kann, sodaß die ÖVP in dieser Situation eigentlich gut beraten wäre, zu sagen: Halt, wir müssen dafür Sorge tragen, daß jene Kautelen, die eingebaut sind, auch ganz, ganz sicher eingehalten werden!

Daß das aber nicht der Fall sein wird, beweist Herr Abgeordneter Kiss in "Dianetischer" Logik immer wieder, denn er ist derjenige, der gesagt hat: Einem hat einen Fehler gemacht, Einem wollte gegen den Apparat arbeiten.

Aber das ist natürlich eigentümlich, denn Herr Bundesminister Einem war nach unserer Verfassung – so habe ich das zumindest noch während meines Studiums gelernt – ein oberstes Organ der Verwaltung, daher konnte Einem nicht gegen den Apparat arbeiten, sondern allenfalls der Apparat gegen Einem. Aber das fällt Herrn Abgeordnetem Kiss gar nicht mehr auf, weil offenbar in diesem Bereich der Polizei ein hohes Maß an Eigenleben besteht – Herr Abgeordneter Kier hat es "ein fröhliches Eigenleben" genannt –, was dann umso traurigere Auswirkungen hat.

Daher wundert es mich, meine Damen und Herren, daß Herr Abgeordneter Kiss am Ende von einer politischen Verantwortung von Bundesminister Einem spricht, aber sagt, wir stützen ihn natürlich. – Das ist ein typisches Problem und eine typische Haltung der ÖVP: Na selbstverständlich ist der Herr Bundesminister verantwortlich, wir können nicht umhin, das auch klar und deutlich aufzuzeigen, aber wir stützen ihn natürlich. – Wenn Bundesminister Einem in diesem Zusammenhang einen Fehler gemacht hat, dann haben Sie auch die Schneid und stehen Sie doch bei jenen Maßnahmen, die die Freiheitlichen fordern, auf! Denn entweder gibt es eine politische Verantwortung, dann muß sie auch eingefordert werden, oder es gibt sie nicht, dann reden Sie auch nicht davon! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Es wurde gesagt, daß der Fall nicht für parteipolitisches Taktieren geeignet ist. Das war natürlich primär an die FPÖ gerichtet, aber, Herr Bundesminister, es gilt selbstverständlich für alle Agierenden und es gilt auch für die Sozialdemokraten und für jene, die die Rasterfahndung und den Lauschangriff vorangetrieben haben. Denn – ich sage es noch einmal –: Rasterfahndung beziehungsweise Lauschangriff haben mit der Lösung dieses Falles nichts zu tun, obwohl in der Diskussion um die Einführung dieser Mittel immer wieder die Briefbomben als wesentlicher Grund genannt wurden. Offenbar haben Sie jetzt ja auch einen


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