Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 94. Sitzung / Seite 122

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förderung komplett umzugestalten. Mit dem in Verhandlung stehenden Entschließungsantrag wird die Bundesregierung jedoch nur aufgefordert, dem Nationalrat Reformvorschläge und entsprechende Berechnungsmodelle bis zum Budgetvoranschlag 1999 zuzuleiten, die ohne Erhöhung von Steuern und Abgaben eine verfassungskonforme Neuregelung im familienpolitischen Bereich bedeuten. Genau das muß und will die Bundesregierung tun, denn das Verfassungsgerichtshoferkenntnis zwingt sie geradezu dazu.

Dem Modell der Liberalen können wir Sozialdemokraten uns nicht so ohne weiteres anschließen, aber nicht deshalb, weil es, wie Minister Bartenstein befürchtet, frauenfeindlich ist, wenn jemand in einem Supermarkt oder in einer Fabrik arbeitet. Diese Tätigkeiten sind, ganz im Gegenteil, gesellschaftlich notwendig, und den Frauen verschaffen diese Tätigkeiten, auch wenn sie unter schwierigen Arbeitsbedingungen stattfinden, trotzdem Brot- und Gelderwerb und vielleicht zum Teil auch Befriedigung. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. )

Uns geht es um etwas anderes, nämlich um die Kostenneutralität. Die Liberalen haben zur Kostenneutralität festgehalten, daß deren Modell für das Budget aufkommensneutral sein sollte. Das sollte, so glaube ich, auch noch in den Berechnungen, die der Finanzminister angekündigt hat, überprüft werden.

Es gibt auch noch eine grundsätzliche Frage, die beim Modell des Liberalen Forums zu prüfen ist, nämlich daß bei Transferleistungen des Staates in Zukunft nicht mehr jedes Kind gleich viel erhalten soll. Das kann in dieser kurzen Zeit meiner Meinung nach nicht abgehandelt werden, das muß sicher noch gründlich diskutiert werden.

Hohes Haus! Das vordringlichste ist nun, sehr schnell die Auswirkungen dieses Erkenntnisses neben den – erlauben Sie mir die drastische Ausdrucksweise – grauslichen ideologischen Tönen, die immer wieder vorkommen, zu eruieren. Ich erinnere daran, daß dieses Erkenntnis oft dahin gehend interpretiert wird, daß Kinder für Reiche nur noch Abschreibposten sind. Auch diesbezüglich muß Klarheit geschaffen werden, und zwar nicht nur dahin gehend, was das für das Budget 1999 bedeuten würde.

Berechnungen der AK zufolge – das hat Herr Abgeordneter Kaufmann schon kurz ausgeführt – würde die Umsetzung des Erkenntnisses nur 30 000 österreichischen Steuerzahlern zugute kommen. Es wäre mit zirka 400 Millionen budgetwirksam, dabei würden aber nur die direkten Transferleistungen des Staates und die Kinderabsetzbeträge berechnet werden. Anders stellt es sich dar, wenn sämtliche Transferleistungen berücksichtigt werden, die von allen Steuerzahlern, nämlich von jenen mit Kindern und jenen ohne Kinder, erbracht werden: kostenloser Schul- und Universitätsbesuch, Förderung von Kindergärten, kostenlose Mitversicherung, Teile der Wohnbauförderung, Schulbücher, Freifahrten. All das sind Steuerleistungen, die von den Steuerzahlern mit Kindern, aber auch ohne Kinder erbracht werden. Dann ist allerdings nicht mehr sicher, ob diesen Abschreibern noch etwas zum Abschreiben übrigbleibt.

Ein Studienjahr kostete – erhoben nach einer Wifo-Studie – im Jahre 1991 104 500 S. Die höheren Schulen, die von überdurchschnittlich vielen "Abschreibkindern" besucht werden, sind auch nicht viel billiger. Werden also sämtliche Leistungen der direkten und indirekten Familienförderung berücksichtigt, so reduzieren sich diese 30 000 noch einmal um ein erkleckliches. Übrig blieben dann ein paar Superreiche, die dann in der Zeitung stehen, weil sie abschreiben, damit sich das Kind vielleicht das Futter für die Reitpferde leisten kann. – Ich frage mich: Kann das wirklich jemand wollen in dieser Republik?

Finanzminister Edlinger hat immer wieder betont, er werde sich die finanziellen Auswirkungen dieses Erkenntnisses ganz genau ausrechnen lassen. Darauf bin ich schon sehr gespannt, denn das Erkenntnis läßt Berechnungsinterpretationen zu, die sehr unterschiedlich sind. So kommt der heute schon zitierte Professor Doralt auf wesentlich höhere Zahlen als die Arbeiterkammer. Das Erkenntnis erscheint allerdings sehr schwammig, und zwar insofern, als es schon mehr oder weniger in sich birgt, daß, wenn dieses Erkenntnis bis zum 1.1.1999 umgesetzt sein wird,


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