Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 59

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sehe nur einen ÖVP-Agrarminister, der eine hohe Verantwortung hat, der er nicht nachkommt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier. )

Es fragen sich immer mehr Menschen in Österreich und auch auf europäischer Ebene: Was geht denn tatsächlich vor im Agrarbereich? – Ich denke, es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens, daß wir Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sichern wollen, es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens, daß das die Solidarität der ganzen Gesellschaft erfordert. Ich frage mich allerdings: Was tun die Regierenden? Was tut unsere Regierung, unser Landwirtschaftsminister?

Nach wie vor schreitet das Sterben bäuerlicher Klein- und Mittelbetriebe voran. Das heißt, die Arbeitsplatzsituation ist nicht gesichert. Nach wie vor schreiten Konzentrationsprozesse voran. Und nach wie vor werden weder die Interessen der KonsumentInnen noch die des Umweltschutzes wirklich mit Nachdruck vertreten. Ich möchte das anhand von zwei Beispielen deutlich machen, insbesondere was die Bearbeitung und Beachtung von zwei landwirtschaftsrelevanten Volksbegehren in diesem Hause betrifft.

Erster Bereich: Gentechnik. Meine Damen und Herren! Wenn ein Bundesminister angesichts eines Millionenvolksbegehrens sagt, daß für ihn die Frage des Einsatzes gentechnisch manipulierter Pflanzen, von Saatgut und so weiter hinsichtlich der Förderungsentscheidung nicht relevant sei, dann frage ich wirklich: Wen vertritt er?

Die ÖVP hat sich offensichtlich mit einzelnen ihrer Repräsentanten im Vorfeld des Volksbegehrens dort angepirscht und eingenistet, jetzt aber will die etablierte ÖVP-Politik von einem Schutz der KonsumentInnen, von einem Schutz der Bio-Bauern nichts mehr wissen. Sie ist auf der Seite der Gentechnik-Lobby. Das ist völlig klar!

Zweiter Bereich: Tierschutzvolksbegehren. Was das betrifft, sind wir soeben in diesem Hohen Hause ZeugInnen einer erneuten Verstimmung zwischen den Regierungsparteien geworden, und ich frage mich wirklich angesichts dieser Depeschen an das Außenamt in Wien: Wie tritt Österreich, wie tritt diese Bundesregierung in Brüssel auf? Herr Bundesminister! Sie haben sich zwar vorhin davon distanziert, aber ich frage Sie wirklich in aller Form noch einmal. Das kann doch kein Irrtum sein – oder wir sind mit verwirrten Menschen in Brüssel vertreten –, wenn jemand in mehreren Absätzen sehr deutlich einen Vorgang formuliert, nämlich daß das österreichische Landwirtschaftsministerium versucht hat, die große und breite Causa Tierschutz aus dem Ausschuß der Ständigen Vertreter herauszubringen und in den Sonderausschuß Landwirtschaft hineinzubringen? Wieso wehren sich denn andere Staaten, ja sogar Großbritannien, wenn sie dann sagen: Der Tierschutz geht doch weit über den Agrarbereich hinaus!?

Das kann doch kein Zufall sein! Oder ist das die Willensäußerung von Menschen, die nicht mehr wissen, was sie sagen, wenn es hier heißt: Nunmehr versucht das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, für Dossiers, für die es innerstaatlich nicht zuständig ist, eine Kompetenzverlagerung zu seinen Gunsten via Brüssel vorzunehmen? – Also ich kann nicht glauben, daß die Schilderung eines Sachverhalts, minutiös und in mehreren Absätzen, das Werk einer verwirrten Person ist, ein Werk, das überhaupt nichts mit der Realität zu tun hat, und ich denke mir, die ÖVP hat hier einen gewaltigen Erklärungsbedarf! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Denn was passiert, wenn die gesamte Materie Tierschutz nur noch von den Agrarlobbyisten im kleinen Kreise verhandelt wird? Was dabei herauskommt, das wissen wir, nämlich genauso viel wie bei dem ersten Anlauf der Verhandlungen zum österreichischen Tiertransportgesetz-Straße, die versandet sind, bis sie dann endlich im Verkehrsausschuß abgeschlossen werden konnten.

Deswegen ist es so wichtig, die Querschnittsmaterie Tierschutz nicht einzig und allein im Bereich der Agrarvertretungen zu lassen, denn was dort passiert, ist ganz klar: Dort ist das Tier Produktionsmittel, dort ist das Tier Ware, dort werden die Tiere behandelt beziehungsweise wird mit ihnen umgegangen – und wir haben die Filme gesehen, wir haben die Bilder ja vor Augen –, als ob es Baumstämme oder irgendeine nicht schmerzempfindliche Materie wären! Das ist eine


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