Gerade vor diesem Hintergrund – die Grünen stehen deshalb diesem Verbot sehr positiv gegenüber – erscheint mir die Haltung der Freiheitlichen dazu sehr bedenklich und sehr merkwürdig. (Abg. Scheibner: Sie verstehen es nicht!) Es werden formale Argumente herangezogen. Es wird verfassungspolitisch argumentiert. Sie machen die Atompolitik, Sie machen das Verbot von Atom- und Nuklearversuchen mehr oder weniger zur Tribüne beziehungsweise zum Schauplatz für ein Kräftemessen zwischen Exekutive und Legislative. Ich halte das für den falschen Schauplatz. Für mich ist die Atompolitik jener Schauplatz, wo in Österreich alle fünf Parteien mit vereinten Kräften an einem Strang ziehen sollten (Abg. Scheibner: Dann soll man das verfassungsgemäß beschließen!) , damit wir das, was wir in Österreich erreicht haben, auch gesamteuropäisch und möglichst auch weltweit durchsetzen können. (Beifall bei den Grünen.)
Es geht um das Vorantreiben der Abrüstung und um ein Vorantreiben der Schaffung eines atomfreien Kerneuropa. Aber Sie versuchen, das Ganze zum Schauplatz für kleine Tauziehaktionen zu machen, wo ohnehin nichts zu holen ist. Sie desavouieren damit die gemeinsame österreichische Haltung. Ich glaube, das müßte Ihnen schon zu denken geben.
Was ist denn der reale Hintergrund dieser Ihrer Vorgangsweise? Sie argumentieren hier am Rednerpult formal. Wenn man aber in die Debatte im Ausschuß hineinhorcht oder hineinhorchen läßt, dann erkennt man die realen Hintergründe (Abg. Scheibner: Sie waren gar nicht im Ausschuß!) , und die bestehen darin – bitte, lassen Sie sich das sagen! –, daß Sie oft gegen Abrüstungsschritte agieren (Abg. Scheibner: Wo? – Abg. Dr. Karlsson: Genau das ist es ja!), daß Ihre Politik eine Rüstungspolitik umfaßt, daß Ihre Politik der Abrüstung entgegenwirkt. (Abg. Scheibner: Das ist ein Unsinn, was Sie da sagen!)
Darf ich Sie an Ihr Verhalten beim Chemiewaffenverbot erinnern? – Sie waren dagegen. Oder wie war Ihr Verhalten beim Anti-Personen-Minen-Verbotsgesetz? – Sie waren dagegen. (Abg. Scheibner: Wo?) Ihre jetzige Gegnerschaft gegenüber diesem Verbot von Nukleartests reiht sich in die Kette von Verhaltensweisen (Abg. Scheibner: Es ist ein völliger Unsinn, was Sie da sagen!) , die dokumentiert, daß Sie an und für sich eine rüstungsfreundliche Politik, eine abrüstungsfeindliche Politik betreiben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wenn Sie es nicht verstehen, dann sprechen Sie besser nicht dazu!)
Ich glaube, das ist ein deutliches Zeichen dafür, daß Sie sich nicht nur teilweise außerhalb des Verfassungsbogens stellen, sondern daß Sie jetzt auch einen neuen Bogen eröffnen, bei dem Sie ebenfalls außerhalb stehen, nämlich außerhalb des Antiatombogens, hinsichtlich dessen ansonsten zwischen den österreichischen Parteien im Nationalrat Konsens herrscht. Das gibt mir sehr zu denken. (Abg. Scheibner: Denken Sie weiter, vielleicht kapieren Sie es dann!)
Jetzt möchte ich kurz noch – Ihre formalen Geistesritte interessieren mich nicht mehr, es geht um reale Hintergründe – auf die Aufgabe Österreichs im Rahmen der EU-Präsidentschaft, zur außenpolitischen Schlüsselstellung beziehungsweise zum Akzentesetzen innerhalb der österreichischen Außen- und Antiatompolitik zu sprechen kommen.
Sie alle wissen, daß derzeit in Südböhmen, in Temelin der Kraftwerksbetreiber
!EZ vor einem finanziellen und technischen Desaster steht. Die Chance, daß Temelin nicht in Betrieb geht, daß dieses Atomkraftwerk beziehungsweise die Baustelle mehr oder weniger zugesperrt wird, war noch nie so groß wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Jetzt – daher, Herr Außenminister, mein dringender Appell – besteht die historisch einmalige Chance, daß durch ein entsprechendes Angebot zur Umrüstung beziehungsweise zur Umstrukturierung der Energiepolitik in unserem Nachbarstaat Temelin wirklich nicht in Betrieb gehen kann, der Baustopp endgültig wird.Bitte wirken Sie zusammen mit Umweltminister Bartenstein und Landeshauptmann Pühringer – ich nenne extra nur ÖVP-Politiker – dahin gehend, daß in den nächsten zwei Monaten auch von seiten der österreichischen Bundesregierung ein Umstiegsszenario mit ganz konkreten Angeboten, und zwar auch kreditmäßig in Form von EU-Krediten et cetera, den böhmischen Verhandlungspartnern unterbreitet wird. Das ist für Sie die Profilierungschance, die Sie als Außenminister dringend brauchen, damit wir endlich einmal das Gefühl haben, daß Sie aktiv, offensiv eine Sache in die Hand nehmen.