Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 139

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Dritte Anmerkung: Herr Bundesminister, ich bin nicht davon überzeugt, daß Ihre Aussage, daß Sie jedwede Form von Freigabe von Haschisch ablehnen, wirklich in jeder Hinsicht zu Ende gedacht ist. Ich bitte Sie, noch einmal zu überlegen, ob das nicht dogmatisch ist und ob nicht die Zusammenhänge der Kriminalität zwischen unterschiedlichen Suchtmitteln auch darin begründet sind, daß es schwarze Märkte, hohe Preise und kriminelle Märkte gibt.

Ich erinnere daran: Die Erfinder der Alkoholprohibition waren sozusagen die Gründungsväter der organisierten Kriminalität in den USA, denn erstmals war ein Mittel da, das flächendeckend eingesetzt werden konnte. Es wurde eben, weil verboten, mit den Mitteln der organisierten Kriminalität distribuiert. Zu phantastischen Preisen übrigens! (Abg. Kiss: Das gilt für die Waffen auch!) Denn je mehr Sie verbieten, desto höher sind die Preise und der Anreiz. (Abg. Kiss: Das trifft auch auf die Waffen zu!)

Überlegen Sie daher, ob Ihr Dreischritt – Prävention, Therapie und Repression – im Falle zum Beispiel von Cannabis tatsächlich in der richtigen Abfolge abläuft. Das wäre noch einmal zu diskutieren. Daher bitte ich Sie, diese apodiktische, dogmatische Position zu überdenken. Es wird sogar heute etwas später im Lauf des Tages noch Gelegenheit geben, im Rahmen eines Fristsetzungsantrages darüber abzustimmen.

Vierter und letzter Aspekt: organisierte Kriminalität. Nach wie vor ist sie nicht definiert im Sicherheitsbericht. Sie ist auch schwer zu definieren, das gebe ich zu. Etwas beschrieben sind Eigentumsdelikte, Rotlichtmilieu, Gewaltkriminalität, Wirtschaftskriminalität. Bei der Wirtschaftskriminalität finden sich dann die Geldwäsche und der internationale Finanzbetrug. Aber der Wachstumsmarkt der organisierten Kriminalität, der wirkliche, der mit Wertschöpfung, mit krimineller Wertschöpfung ausgestattete Wachstumsmarkt, kommt nicht vor. Das ist nämlich Werkspionage, das ist Datenkriminalität, das ist Cyberkriminalität, und das ist letztlich alles, was sich im elektronischen Bereich abspielt.

Glauben Sie mir, das sind die großen Märkte für die Kriminalität. Das sind immaterielle Werte, die unsichtbar, geruchsfrei abgezapft werden können. Der letzte Vorfall im Schengen-Computer sollte uns zu denken geben. Nicht, daß das jetzt ein Ausfluß von organisierter Kriminalität ist – ich möchte nicht mißverstanden werden –, aber Sie sehen, wie leicht es ist, sich in solche Systeme einzukaufen, wie leicht es ist, sich Leute herauszukaufen, die wir im Überwachungsstaat einsetzen. Beachten Sie in diesem Bereich vielmehr das echte Vieraugenprinzip.

Wenn Sie jetzt zum Beispiel an die Telekom-Betreiber heranschreiten, damit Sie dort bedingungslose Datenzugriffe haben, dann überlegen Sie, ob es nicht weise ist, wenn die Telekom-Betreiber den Anspruch stellen, daß sie selber in die Berichtspflicht gegenüber dem Parlament und dem Justizministerium mit eingebunden werden wollen, denn diese Einbindung der Betreiber ist allemal eine Absicherung gegen die straffällig werdenden Überwacher. Wenn Sie schon den Lauschangriff und die Rasterfahndung in der vorliegenden Form genehmigt haben, dann lassen Sie sie wenigstens überwacht ablaufen, lassen Sie diesen Wachhund nicht von der Leine! Er hat keinen Beißkorb, und er kann auch von anderen Leuten mit der Wurst gelockt werden.

Da ist eine Schneise offen für Korruption, denn es geht im Bereich der Wirtschaftskriminalität und im Bereich der Werkspionage um Beträge, die das Vorstellungsvermögen so manches im Bereich der Abhördienste tätigen Beamten übersteigen. Daher ist es leicht und billig, sich dort einzukaufen, und ich möchte nicht, daß wir diese Versuchung künstlich vergrößern, indem wir oberflächlich arbeiten.

Herr Bundesminister! Ich bitte Sie wirklich, überlegen Sie diese Schritte! Sie wissen, wir sind der Meinung, Sie – beide Herren Bundesminister – haben im Rahmen von Lauschangriff und Rasterfahndung weit über das Ziel geschossen, aber wenn das Geschoß schon am Fliegen ist, dann versuchen Sie wenigstens zu verhindern, daß unterwegs ein Dumdumgeschoß daraus wird. Denn wie leicht es ist, auf Daten zuzugreifen, wissen wir seit Salzburg. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.09


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