Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 122

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bezahlenden Geldbußen wesentlich zur Unterstützung von Opferhilfe- und Opferberatungseinrichtungen – vorrangig im Bereiche der Aggressions- und Sexualdelikte gegen Kinder – verwendet werden sollen.

Meine Damen und Herren! Schließlich soll die Rechtsstellung jener Verbrechensopfer, deren höchstpersönliche Rechtsgüter – also insbesondere auch die sexuelle Integrität – durch Straftaten ernstlich verletzt oder schwer gefährdet wurden, im Zuge der bevorstehenden Neugestaltung des strafprozessualen Vorverfahrens verstärkt und insbesondere von der Geltendmachung eines materiellen Schadens losgelöst werden.

Schon vor Verwirklichung dieses Reformvorhabens erscheint es allerdings dringlich, Opfer von Straftaten – gerade auch im Bereiche des Sexualstrafrechtes – umfassender als bisher über die ihnen schon heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auf strafverfahrens-, aber durchaus auch auf zivilverfahrens- und sozialrechtlicher Ebene zu belehren. Eine diesbezügliche von meinem Ressort verfaßte Broschüre ist in Fertigstellung. Danach werden Opfer besser in die Lage versetzt sein, bestehende Informations- und Gestaltungsrechte sowie Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Schließlich wurde mit dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag die Einrichtung einer ersten anwaltlichen Beratung für Verbrechensopfer bei den Bezirksgerichten vereinbart. Als Akuthilfe soll weiters eine österreichweit erreichbare Hotline für Mißbrauchsopfer eingerichtet werden. Durch die Möglichkeit, auch anonym kompetente Beratung in Anspruch zu nehmen, soll sexuell mißbrauchten jungen Menschen die Schwellenangst davor genommen werden, sich vertrauensvoll an Menschen zu wenden, die ihnen helfen können. (Abg. Mag. Stadler: Wie soll denn das ein dreijähriges Kind tun, Herr Minister? Dreijährige melden sich nicht!)

Nein, aber es gibt auch vergewaltigte Frauen, und es gibt Eltern vergewaltigter Kinder, also gibt es durchaus ... (Abg. Mag. Stadler: Das sind ja meistens die Täter, wenn es in der Familie geschieht!) Selbstverständlich ist es noch besser, die professionellen amtlichen Stellen in Anspruch zu nehmen. Es ist notwendig, diese auch künftig ohne Anzeigeverpflichtung in Anspruch nehmen zu können. (Abg. Mag. Stadler: Weil die Behörden nichts tun! – Abg. Dr. Haider: Da heißt es, die Jugendämter einmal auf Vordermann zu bringen!)

Das Justizressort war und ist in all den heute angesprochenen Bereichen in keiner Weise untätig geblieben, sondern hat frühzeitig auf neue gesellschaftliche Bedürfnisse und Notwendigkeiten, aber auch Erwartungen reagiert. Dabei wurden auch international sehr beachtete innovatorische Lösungen erarbeitet, die von anderen Staaten durchaus zum Vorbild genommen worden sind.

Diese Arbeit zur schrittweisen Verbesserung der Rechtsordnung wird gerade im heurigen Jahr intensiv fortgesetzt. Dabei warten wir nicht auf spektakuläre Anlaßfälle, um dann – quasi über öffentlichen Zuruf – unüberlegte Schnellschüsse vorzuschlagen, meine Damen und Herren! Nein, auf dem so sensiblen Gebiet des Strafrechts bedarf es – wie in kaum einem anderen Bereich der Rechtspolitik – vielmehr der vorausschauenden und begleitenden, zum Teil multidisziplinären Fachdiskussion, ist doch die Angemessenheit und Ausgewogenheit gesetzgeberischer Lösungen insbesondere im Strafrecht oft ein Ergebnis des Abwägens und des Bedenkens nach einem möglichst pluralistisch angelegten Meinungsbildungsprozeß, den man nicht ungestraft überspringen oder abkürzen kann.

Gerade dieser multidisziplinäre Ansatz ist im gegenständlichen Zusammenhang wichtig. In diesem Sinne, Herr Abgeordneter Dr. Krüger, habe ich gesagt, daß Strafen allein zuwenig ist, ist doch zunächst einmal die Aufhellung der Tabuzone des sexuellen Mißbrauches ... (Abg. Dr. Haider: Es hat ja niemand behauptet, daß man nur strafen soll!) Es wurde aber kritisiert, daß ich gesagt habe, daß Strafen allein zuwenig ist. Mir scheint gerade das Aufhellen der Tabuzone des sexuellen Mißbrauches der Kinder in den Familien, in ihrem sozialen Nahraum und in den Autoritätsverhältnissen jeder Art wichtig zu sein. (Abg. Dr. Haider: Ich habe Ihnen ja gezeigt, wie die Jugendämter und die Psychologen arbeiten!)

Die Mauer des Schweigens, Herr Klubobmann, und des Wegschauens – um das geht es ja im wesentlichen (Abg. Dr. Haider: Dafür muß eine Anzeigeverpflichtung da sein!)  –, die immer


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