Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 175

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Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung so viel Spielraum gibt, daß die betriebsnotwendigen Entscheidungen – ob nun aus Gründen der Wettbewerbsverzerrung, wegen der Auftragslage, infolge von Problemen in der Anlieferung oder aus welchen Gründen auch immer – rasch im Betrieb selbst getroffen und zwischen den Beteiligten einvernehmliche Abschlüsse hergestellt werden können.

Das ist vor allem wichtig für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, und zwar deshalb, weil die Großbetriebe – das haben wir in den letzten zehn Jahren laufend miterlebt – mit der Drohung des Arbeitskräfteabbaus immer ihre gewünschten Betriebsregelungen bekommen. Hingegen wird kleinen und mittelständischen Unternehmen das gesetzliche Nein entgegengeschleudert, wie wir es auch von Ihnen, Herr Abgeordneter Nürnberger, soeben gehört haben.

Das starre Nein der Gewerkschaft befriedigt aber, glauben Sie mir das, vor allem die Arbeitnehmer nicht mehr. (Abg. Nürnberger: Auch die Kollektivverträge nicht?) Nein, denn die Arbeitnehmer wollen heute Arbeit, sie wollen Beschäftigung. (Abg. Nürnberger: Richtig!) Das ist das wichtigste. (Abg. Nürnberger: Aber in einer vernünftigen Entwicklung!) Vernünftig, ja, aber wir müssen so weit flexibilisieren, daß wir auch in den Unternehmen sehr rasch reagieren können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Nürnberger: Das können Sie ja!)  – Das war Beispiel eins.

Das Beispiel zwei bezieht sich auf den Vorschlag zur Abschaffung kirchlicher Feiertage. Diese Frage, Herr Abgeordneter Peter, ist für mich nicht wesentlich. Wesentlich ist, mit welchen Maßnahmen es gelingen kann, den Anteil der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden im Verhältnis zu den bezahlten Arbeitsstunden zu erhöhen. Frühere Kammererhebungen haben recht unterschiedliche Prozentsätze für diese Differenz ergeben, in den einzelnen Fachgruppen liegen die Werte zwischen 78 und 84 Prozent. Das heißt, die Betriebe zahlen im internationalen Vergleich ein Mehr an nicht geleisteten Arbeitsstunden. Dabei liegt Österreich mit der jährlichen Soll-Arbeitszeit von 1 728 Stunden am unteren Ende der Skala: In Japan sind es 1 967 Stunden, in den USA – Herr Nürnberger! – 1 912, in der Schweiz – als Vorarlberger bin ich sozusagen nachbarlich davon betroffen – 1 853, also gut 120 Stunden mehr als in Österreich. Von den durchschnittlich 1 728 bezahlten österreichischen Arbeitsstunden werden maximal 1 500 tatsächlich geleistet. – Das ist das große Problem, das wir heute in unseren Betrieben haben.

Beispiel drei ist die vorgeschlagene Urlaubsregelung. Entscheidend ist nicht, Herr Abgeordneter Peter, wann ein Urlaub dem Gesetz nach angetreten werden kann, sondern wie die effizienteste betriebliche Vereinbarung zum beiderseitigen Nutzen des Arbeitnehmers und des Betriebes beschaffen ist, ist das Entscheidende in dieser Frage. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher umfaßt der vorliegende Antrag nur einen kleinen Teil eines möglichen neuen Wirtschaftsflexibilisierungsgesetzes. Wie wir schon gehört haben, wird er abgelehnt werden. Es fehlt darin ein wesentlicher Bestandteil, da der Antrag nicht auf die Arbeitnehmerschutzgesetze Bezug nimmt. Jeder in diesem Hause weiß, daß die Arbeitnehmerschutzgesetze in vielen Bereichen – ich sage nicht: überall, aber in vielen Bereichen – weder lesbar noch umsetzbar, geschweige denn kontrollierbar sind.

Heute haben wir in Österreich – ein Arbeitsinspektor aus Vorarlberg hat das einmal gesagt – 34 Kilogramm Arbeitnehmerschutzgesetze, hingegen sind es in der Schweiz 6 Kilogramm. Aber die Kosten, die sich aus Unfällen und aus der Rehabilitation nach Arbeitsproblemen ergeben, sind in der Schweiz niedriger als in Österreich. Also hängt das nicht von der Anzahl der Seiten der Gesetze ab, sondern es liegt an der inneren Einstellung zu den Gesetzen und am Inhalt der Gesetze. Immer wieder höre ich, daß dies auch die Meinung vieler Arbeitsinspektoren ist.

In diesem Bereich besteht ein sehr großes, wettbewerbsförderndes Einsparungspotential, und dieses könnte genutzt werden, ohne daß – dies betone ich, Herr Nürnberger! – den Arbeitnehmern körperlicher, geistiger oder finanzieller Schaden zugefügt wird, sondern ganz im Gegenteil sogar auf eine Weise, daß der Arbeitnehmer davon profitieren kann. Wir beziehen uns dabei vor allem auf den seinerzeit von den Freiheitlichen eingebrachten und von diesem Hause abgelehnten Entschließungsantrag, wonach Bestimmungen, welche – verglichen mit


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