Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 18

Es ist doch bezeichnend, wenn uns gestern die ÖVP-nahen Biobauern einen Novellierungsvorschlag haben zukommen lassen, in welchem unter anderen steht: Für uns ist es undenkbar, daß es gegen eine gentechnische Zwangsbeglückung von biologischen Feldern keine gesetzliche Regelung geben soll! Wir glauben nicht, daß wir zu einer neuen Technologie, die wir ablehnen, gezwungen werden können! Weiters sagten die Biobauern: Wir sind der Meinung, daß Wind und Insekten nicht als nicht vermeidbares Naturereignis bezeichnet werden können und daher in die Haftung mit einbezogen werden müssen!

Gegen die Biobauern, die im Interesse der österreichischen kleinstrukturierten bäuerlichen Landwirtschaft agieren, die den Feinkostladen Österreich tatsächlich aufbauen wollen, ist all das, was wir heute zum Gesetz machen wollen, gerichtet. Das müssen Sie den Biobauern einmal erklären! Sie sind doch die Vertreter des Feinkostladens! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Lesen Sie das doch in dem Brief, den Ihnen Ihre ÖVP-Biobauern wahrscheinlich gestern auch zugesandt haben, nach!

Wenn die Volkspartei und die "umgefallene" SPÖ heute diese Anträge beschließen, dann gibt es in Zukunft auch bei uns das Essen aus dem Genlabor, meine Damen und Herren! Dieses wird nicht umfassend gekennzeichnet sein. Bis zu den ersten Freisetzungen wird es, wenn dieses Gesetz heute beschlossen wird, nur noch wenige Wochen dauern. Das heißt, daß es in Österreich Langzeitversuche in der freien Natur ohne jedwede Technologiefolgenabschätzung geben wird. Sie haben ja unseren Antrag auf ein fünfjähriges Moratorium abgelehnt. Sie wollen keine Technologiefolgenabschätzung. Sie wollen einen Langzeitversuch, bei dem nicht bekannt ist, wie er schlußendlich ausgehen wird. Sie bauen lediglich auf das Prinzip Hoffnung, und Sie sind schlußendlich nur dem Weg, den Ihnen die Gen-Lobby vorgeschrieben hat, gefolgt.

Niemand von Ihnen kann sagen, ob die vorgenommenen Veränderungen und deren Auswirkungen, die es geben kann, dann auch reparabel sind. Das weiß heute niemand. Niemand weiß, wie die neu entstandenen Organismen, deren genetische Komponenten und Verbindungen sich irgendwie entwickeln können, dann kontrolliert werden sollen, Herr Kollege Leiner! Das wissen Sie nicht, das weiß niemand.

Wer kann uns die Gewähr geben, daß eine Bedrohung der genetischen Vielfalt durch diese Versuche tatsächlich ausgeschlossen ist? (Zwischenruf des Abg. Dr. Leiner.) Herr Kollege Leiner! Können Sie als prononcierter Gentechnikbefürworter alle Sekundärauswirkungen, die es in 20, 30 Jahren geben wird, zur Gänze beschreiben? Können Sie uns sagen, wie das in 20 und 30 Jahren ausschauen wird? - Natürlich können Sie das nicht. Ich bin überzeugt davon, daß es hypothetische Risken gibt, die zum Zeitpunkt der Veränderung nicht abschätzbar sind, weil sie erst später entstehen. Selbstverständlich gibt es diese. Wie groß das Risiko dabei ist, interessiert Sie auch nicht. Sie erledigen lediglich das Geschäft der gewinnsüchtigen Lobbyisten - zu Lasten der österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer erzielt denn den Gewinn aus der neuen gesetzlichen Lage? - Die von Ihnen befolgte Gentechnik-Lobby. - Wer trägt das Risiko? - Die gesamte österreichische Bevölkerung. Der Nahrungsmitteleinkäufer trägt das Risiko. (Abg. Dr. Puttinger: Wo ist der Patient? - Abg. Dr. Leiner: Die kranken Leute!) Den Gewinn haben einige wenige, das Risiko tragen alle.

Es kann sogar zu massiven Eingriffen in die Evolution kommen; darüber haben Sie in den Ausschüssen gar nicht diskutiert. Komplexe Systeme können nachhaltig verändert werden; auch darüber wurde in den Ausschüssen nicht diskutiert. Die molekulare Uhr kann verstellt werden; auch darüber wurde in den Ausschüssen nicht diskutiert. Ich behaupte daher, daß die Gentechnikbefürworter die Risken nicht umfassend prognostizieren können und wollen. Ihnen geht es einzig und allein um den Gewinn. All diese offenen Fragen - Unwägbarkeiten - sollten doch Grund genug sein, auf diese Technologie zumindest so lange zu verzichten, solange die Folgen nicht abschätzbar sind.

Es besteht zudem, meine Damen und Herren, keinerlei Bedarf nach genmanipulierten Nahrungsmitteln. Es gibt keinen Bedarf danach. Das wollen wir einmal klar und deutlich feststellen! Der Weg sollte genau in die andere Richtung gehen. Die Grundlagen für die Ernährung werden


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