Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 17

Frau Bundesminister! Ich verstehe nicht, warum Sie - Sie als eine SPÖ-Ministerin -, die seinerzeit den 1,2 Millionen Unterzeichnern des Gentechnik-Volksbegehrens große Hoffnungen dahin gehend gemacht hat, daß die Forderungen, die im Volksbegehren erhoben waren, zumindest teilweise umgesetzt werden, dieses Ergebnis bejubeln, obwohl keine der drei Forderungen nur annähernd umgesetzt wurde?

Ich verstehe es sehr wohl, wenn es die ÖVP macht, wenn die ÖVP dieses Ergebnis bejubelt, da sie von der Pharma- und der Gentechnikindustrie mehr oder weniger ferngesteuert war. Die Vorsitzende Rauch-Kallat war nämlich nichts anderes als eine Marionette des Dr. Nikolaus Zacherl (Beifall bei den Freiheitlichen), welcher als der oberste Lobbyist der Gentechnikindustrie in diesem Ausschuß vertreten war und die Linie bestimmt hat. Die ÖVP hat all das, was Zacherl vorgegeben hat, schön brav nachvollzogen, ist widerspruchslos dem gefolgt, was die Industrie vorgegeben hat.

Warum aber die SPÖ darüber jubelt, die immer wieder gesagt hat: Wir werden unter Umständen sogar ein fünfjähriges Freisetzungsmoratorium unterstützen!, verstehe ich nicht.

Frau Bundesminister! Mit dieser Ihrer gestrigen Stellungnahme fallen Sie den Unterzeichnern des Gentechnik-Volksbegehrens, denen Sie sehr viel Hoffnung gemacht haben, in den Rücken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schaut denn das scharfe Haftungsgesetz, über welches sich die Industrie noch heute empört, aus? - Der Chef der Novartis hat sich gestern darüber beschwert, welche schlimmen Auswirkungen dieses Haftungsgesetz nach wie vor in sich birgt. Wenn man dieses Gesetz genauer betrachtet, dann entpuppt es sich doch tatsächlich als Enthaftungsgesetz für die Betreiber. Auch mein Kollege Pumberger hat es schon als solches bezeichnet.

Ursprünglich wurde vom Bundesministerium für Justiz eine Neuregelung bezüglich der Schadenersatzpflicht für Umweltschäden vorgesehen. Diese erstmals vorgesehene Schadenersatzpflicht für Umweltschäden wurde aber aus dem Entwurf wieder herausgestrichen. Das heißt also, daß für große Umweltschäden, die gerade durch Freisetzungen entstehen können, niemand zu haften braucht. Schaut so ein scharfes Haftungsgesetz aus?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weiters gibt es keine Haftung für Schäden, die nach Zulassung eines Produktes auftreten, und somit gibt es keine Haftung bei eventuellen Langzeitfolgen. Schaut so ein scharfes Haftungsgesetz aus, Herr Kollege Lukesch? (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Zudem wurde die Bestimmung, daß die Ersatzpflicht den entgangenen Gewinn umfaßt, die im Gesetz ursprünglich enthalten war, eliminiert. Können Sie mir sagen, Herr Kollege Lukesch, warum diese im Gesetz ursprünglich enthaltene Bestimmung bezüglich des entgangenen Gewinns eliminiert wurde? - Das ist doch ein wesentlicher Rückschritt gegenüber der geltenden Rechtsprechung. Das ist doch keine Verschärfung, sondern eine Aufweichung der Haftungsgesetze, Kollege Lukesch!. - All das geschieht im Interesse der Lobbyisten der Gentechnikindustrie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die einzigen - das muß man den ÖVP-Bauern sagen! -, die in Zukunft Haftungsrisiko zu tragen haben werden, werden jene Landwirte sein, die gentechnikveränderte Produkte anwenden werden. Das muß man den Bauern draußen sagen! Sie sind sozusagen übriggeblieben, sie haften zur ungeteilten Hand. Das ist das einzige an Haftungsverpflichtung, was in diesem Haftungsgesetz tatsächlich übriggeblieben ist. Dem Schutz der Betreiber dient in Wirklichkeit dieses Haftungsgesetz.

So wie die Haftungsfrage ungenügend geregelt ist, ist auch die Parteienstellung ungenügend geregelt. Es gibt zum Beispiel keine Parteienstellung in Falle der Freisetzung von gentechnisch veränderten Tieren, und es gibt nur eine äußerst eingeengte Parteienstellung im Falle der Freisetzung von Pflanzen - beschränkt auf die unmittelbaren Nachbarn, auf die betroffene Gemeinde und auf das Land. Auf der Strecke bleiben mit diesen Regelungen die Umwelt, der biologische Landbau und der von Ihnen so propagierte Feinkostladen Europas.


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