Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 42

Die Abkoppelung dieses Reformteiles ist also nicht etwa auf einen Unwillen zur Anpassung des Produkthaftungsgesetzes zurückzuführen, sondern auf die im EU-Recht vorgesehenen Notifikationspflichten der Mitgliedstaaten.

In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, daß derzeit - infolge des sogenannten BSE-Skandals - im Europäischen Parlament und in einem Ausschuß des Rates eine Revision der Produkthaftungsrichtlinie beraten wird, wonach in Hinkunft landwirtschaftliche Naturprodukte ausnahmslos der Produkthaftung unterliegen sollen.

Ich möchte nicht verhehlen, daß mir die Produkthaftungsrichtlinie noch in weiteren Bereichen, vor allem im Zusammenhang mit der jedenfalls für den GVO-Bereich relativ knappen Präklusionsfrist von zehn Jahren und im Zusammenhang mit den Anforderungen an den Kausalitätsnachweis, diskussionsbedürftig erscheint. Auf diesen Umstand werden wir die Kommission, der ja, wie bekannt ist, in der ersten Säule das alleinige Initiativrecht zukommt, in geeigneter Form hinweisen.

Nun zu den eigentlichen Haftungsregelungen im Gentechnikgesetz. Wenn auch der diesbezügliche Text im Selbständigen Antrag in einigen Punkten hinter dem Begutachtungsentwurf zurückbleibt, so müssen die nun vorgesehenen strengen Haftungsregelungen europaweit doch keinen Vergleich scheuen (Abg. Mag. Stadler: Wie ist das mit Amerika?) und gehen insbesondere über die im deutschen Gentechnikgesetz vorgesehenen Haftungsbestimmungen hinaus. (Abg. Mag. Stadler: Wie ist es mit Amerika?) So ist insbesondere die Haftung der Höhe nach unbeschränkt; alle Ersatzansprüche und insbesondere auch das Schmerzensgeld sind erfaßt, und die im Interesse des Geschädigten vorgesehenen Beweiserleichterungen kommen dem Betroffenen weit stärker entgegen, als dies im deutschen Recht der Fall ist.

Viele heute hier und in früheren Presseaussendungen geäußerte Kritiken an den Haftungsregelungen, die im Selbständigen Antrag enthalten sind, kann ich nicht nachvollziehen. Vor allem kann keine Rede davon sein, daß die vorgesehenen Regelungen hinter geltendem Recht oder geltender Rechtsprechung zurückbleiben. Frau Abgeordnete Langthaler! Wenn beispielsweise der entgangene Gewinn anders als im Begutachtungsentwurf nicht mehr ausdrücklich als ersatzpflichtig erwähnt wird, so heißt dies selbstverständlich nicht, daß der betroffene Nachbar, Liegenschaftseigentümer den entgangenen Gewinn im Rahmen eines Ausgleichsanspruchs überhaupt nicht ersetzt erhielte. (Abg. Mag. Stadler: Aber schwieriger wird es!) Es geschieht allerdings weiterhin nicht auf der Grundlage des Gentechnikgesetzes (Abg. Ing. Langthaler: Ja, aber warum?), sondern - so wie bisher - auf der Grundlage der durch die Haftungsregelungen unberührt bleibenden allgemeinen Bestimmungen des § 364a ABGB. (Abg. Mag. Stadler: Ich werde Ihnen etwas erzählen dazu! - Abg. Mag. Schweitzer: Ihr Entwurf war ja gut!) - Ich sage ja nur, daß man nicht sagen kann, daß es das überhaupt nicht mehr gibt. Es gibt das nach wie vor. (Abg. Mag. Stadler: Schwieriger ist es halt!) Überhaupt ist die Frage der Ersatzpflicht für entgangenen Gewinn aus der Sicht des Schadenersatzrechtes nicht von allzu großer praktischer Bedeutung (Zwischenrufe der Abg. Ing. Langthaler), da der Oberste Gerichtshof Ansprüche, die man gemeinhin als entgangenen Gewinn qualifiziert, ohnehin sehr weitgehend als positiven Schaden zuerkennt. (Abg. Ing. Langthaler: Ja, eben!) Das bleibt!

Ein wesentlicher Fortschritt im Vergleich zum geltenden Recht ist, daß die Haftungsregelungen nunmehr auch Umweltbeeinträchtigungen umfassen, sofern die Umweltschäden zugleich einen Sachschaden an der betroffenen Liegenschaft darstellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister! Gestatten Sie einen Zwischenruf der Frau Abgeordneten Langthaler? - Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Mag. Stadler - applaudierend -: Zwischenrede! Bravo! - Abg. Ing. Langthaler: Mein Zwischenruf war, Herr Bundesminister: Wie Sie selbst sagen, ... progressiver! Warum schreibt man das dann nicht ins Gentechnikgesetz hinein! - Weitere Zwischenrufe.)

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek (fortsetzend): Ich wende mich gegen die Äußerung, daß dieser Text gegenüber der derzeitigen Rechtslage oder Rechtsprechung ein Rückschritt ist. (Abg. Ing. Langthaler: Nicht der Rechtslage, der Rechtsprechung!) Es wird an


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