Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 45

durchaus üblichen Vorgangsweise, selektiv zu zitieren, möchte ich Ihnen schon folgendes sagen: Sie haben die Prognos-Studie der Herren Becher und Schuppenhauer ansatzweise zitiert und wollten mit zwei Sätzen verdeutlichen, daß die beiden Herren in dieser Auftragsstudie für das deutsche Wissenschaftsministerium über die Chancen von kommerzieller Biotechnologie in Deutschland in den Jahren 1996 bis 2000 zur Auffassung gelangt sind, daß diese Chancen sehr gering beziehungsweise vernachlässigbar seien. Aber bitte lesen Sie weiter, oder lassen Sie es mich der Einfachheit halber tun - ich werde nicht ganz so selektiv wie Sie vorgehen.

Lassen Sie mich ergänzend die Herren zitieren, die in dieser Studie schreiben - und das paßt eben nicht in Ihr Konzept der Gentechnik- und Biotechnikindustrie: grenzenlose Profitgier, rasches Abkassieren, rasche Dividenden; das haben Sie vom Rednerpult des Hohen Hauses aus gesagt -, daß in den USA nur 3 Prozent dieser Industrie heute rentabel arbeiten, 97 Prozent Verluste produzieren und nur 10 bis 15 Prozent der Unternehmen in diesem Bereich eine Überlebenschance haben. (Abg. Ing. Langthaler: Das spricht aber nicht unbedingt für diese Industrie!) - Sagen Sie das bitte auch dazu, wenn Sie davon sprechen, daß in diesem Bereich rasch abkassiert werden soll, rasch Dividenden lukriert werden sollen!

Wenn Sie von den Arbeitsplatzchancen sprechen, dann sagen Sie bitte auch, was die Herren von Prognos einige Sätze weiter schreiben. Dort heißt es wörtlich, daß vor allem die Unsicherheit in der Beurteilung der zukünftigen Trends aufgrund des Innovationspotentials der Biotechnologie in der frühen Phase ihrer Entwicklung auch in den Unternehmen noch sehr groß ist. Die Marktentwicklungen sind wenig belegbar und ebenso die Erwartungen in den Markt als solchen.

In einer Aussendung der APA ist Herr Becher zitiert - ein Originalzitat -, nämlich daß er meint, die Arbeitsplatzeffekte seien de facto noch nicht abschätzbar. Aber das, was Herr Becher von Prognos danach sagt, ist interessant! Er sagt: Die Gentechnik steht da, wo die Mikroelektronik in den fünfziger Jahren stand, als die ersten Transistoren kamen. Zudem hinke die europäische Biotechnologie der amerikanischen um zehn Jahre hinterher.

Diese Novelle zum Gentechnikgesetz beinhaltet ja auch manches, was ein Hinterherhinken verhindern soll (Abg. Mag. Stadler: Die haben aber ein sehr strenges Produkthaftungsrecht!), da ich mich der Ansicht des Abgeordneten Gradwohl durchaus anschließe, nämlich daß es sich dabei um eine Zukunftstechnologie handelt. (Abg. Mag. Stadler: Die Amerikaner haben das schärfste Verursachungsprinzip der Welt!) Das, was Sie heute beschließen werden, dient nicht nur dazu, den Österreichern Sorgen und Ängste zu nehmen - zumindest den Versuch dazu zu unternehmen -, sondern es sollen auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine kontrollierte Entwicklung der Forschung und der wichtigen Industrie in diesem Bereich in Österreich auch in Zukunft ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich schließe, sehr verehrte Frau Abgeordnete Langthaler, meine geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses, mit der Schätzung hinsichtlich der Arbeitsplätze, die die Herren von Prognos abgegeben haben und die auch in den richtigen Kontext gestellt gehört. (Abg. Ing. Langthaler: Der war ja hier! Wir haben mit ihm geredet!) Es gibt heute in Deutschland in diesem Bereich nur 20 000 Arbeitsplätze. Die Herren schätzen, daß innerhalb der nächsten vier Jahre - vier Jahre! - die Zahl der Arbeitsplätze um 40 000 bis 80 000, also auf das Drei- bis Fünffache, gesteigert werden kann - innerhalb von nur vier Jahren! (Abg. Ing. Langthaler: Aber nicht in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ...! Das sollten Sie als Chemiker schon wissen, Herr Minister!) - Ich würde Sie bitten, das bei nächster Gelegenheit in Ergänzung zu zitieren, um Ihr Zitat der Prognos-Studie zu vervollständigen.

Im übrigen schließe ich mich den Ausführungen meiner Kollegin Prammer und meines Kollegen Michalek vollinhaltlich an. - Ich bedanke mich für die Worterteilung, sehr geehrter Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP.)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. - Bitte.


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