Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 64

Mag. Stadler: Genau so ist das Volksbegehren behandelt worden!) Das hat damit zu tun, daß wir jetzt über ein Volksbegehren sprechen und daß die Kulisse hinter der Art, in der Volksbegehren behandelt werden, eine allgemeine Kulisse dafür ist, wie hier mit dem Parlamentarismus umgegangen wird. Das ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Als Parlamentarier, Herr Kollege, kann man das nicht oft genug aufzeigen. Gerade dann, wenn es Stöße von Prospekten über Ausstellungen gibt, die das Jahr 1848 loben, muß man die Realität des Parlamentarismus daran messen!

Weiters möchte ich auf eine bestimmte Art von Anfragebeantwortungen hinweisen. Es gibt zum Beispiel Anfragen, in denen im Umfang von 33 Zeilen um technische Auskünfte im Hinblick auf Funktion, Wirkungsbereich, Entscheidungsbefugnis oder Rechtsform angefragt wird, die zu folgender Anfragebeantwortung führen: 13 Fragen werden - unter Zusammenfassung der Fragen 1 bis 4 und 5 bis 13 - in 23 Zeilen und selbstverständlich nichtssagend beantwortet. Auch das ist ein Umgang mit dem Parlamentarismus, der sich unwürdig in den Umgang mit den Mitteln der direkten Demokratie einreiht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Von der "Trockenlegung" des Bundesrates will ich hier nicht sprechen, obwohl auch davon einmal zu reden wäre, weil dies etwas ist, was zu Lasten von indirekten Vertretungen und zugunsten der Bürokratie der Länder geht. Wohl aber ist es mir jetzt ein Anliegen, auf die generelle Tendenz der Flucht aus dem Parlament hinzuweisen. Wir hatten vor 20 oder 25 Jahren die Flucht aus der Privatwirtschaftsverwaltung, die Flucht aus dem Budget und die Flucht aus der Kontrolle. Dies setzt sich dort fort, wo Scheinprivatisierungen und Scheinautonomielösungen angestrebt werden und wir hier unsere Kontrollrechte - von Gesetzgebung will ich gar nicht sprechen - nicht mehr ausüben können. Wenn daher zwei Volksbegehren verschleppt werden, wenn sie dilatorisch behandelt werden, so liegt dies meiner Ansicht nach leider in dieser generellen Entwicklung des Parlamentarismus begründet.

Über folgenden Punkt wird heute noch zu reden sein - ich hoffe, ich kann dazu Stellung nehmen -: Wenn ein Volksbegehren verlangt, daß gesetzliche Maßnahmen getroffen werden, und es dann zu einer Verfassungsbestimmung kommt, die völlig überflüssig ist, dann ist dies meiner Einschätzung nach eine dilatorische Behandlung eines der ganz wenigen Mittel der direkten Demokratie, die wir haben. Ich sage das ohne Werturteil. Wir haben nur wenige Mittel der direkten Demokratie, aber diejenigen, die wir haben, sollten vom Parlament ernst genommen werden. Ich bedauere, daß dies nicht der Fall ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.16Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. - Bitte.

12.16Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Große Veränderungsprozesse beschäftigen uns tagtäglich und berühren unser gesamtes Leben. Nicht alles, was alt ist, ist gut, und nicht alles, was neu ist, ist schlecht. Eines jedenfalls ist klar: Man soll neuen Entwicklungen nicht mit Angst und Panikmacherei begegnen, sondern man muß sich ihnen engagiert stellen. (Abg. Mag. Stadler: Diese Formulierung habe ich erwartet!) Man muß den Mut haben, auch unangenehme Wege zu gehen.

Durch das Gentechnik-Volksbegehren ist ein breiter Diskussionsprozeß losgetreten worden, und diesem haben wir uns gestellt. Wenn Kritik angebracht ist, dann darf sie darin erblickt werden, daß das Volksbegehren eigentlich nur auf einen einzigen Teil der Gentechnologie abgezielt und nicht die gesamte Breite wahrgenommen hat, die wir hier zu sehen haben. Sehr viele Ausschußmitglieder haben sich höchst intensiv mit dieser Materie beschäftigt. Die Gentechnik, ein Teilgebiet der Biotechnologie, ist sicherlich ein äußerst kontroversielles Thema. Das zeigt die Diskussion am heutigen Tag, und davon war auch die Diskussion in den Ausschüssen beherrscht. Allein die Tatsache, daß selbst von den Betreibern des Volksbegehrens sowie von vielen Begleitern dieser Anliegen Gentechnik und gentechnische Veränderungen zum Beispiel in der Medizin richtigerweise nie in Frage gestellt wurden, zeigt, daß diese Materie eigentlich nie


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