Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 70

Also nicht ein Produktions- und Verkaufsverbot kann es sein, sondern Kennzeichnungen (Beifall der Abg. Dr. Krammer), allerdings - wie auch schon oft gesagt wurde - für Zusatzstoffe und auch für das Herstellungsverfahren.

In diesem Zusammenhang die Frage: Inwieweit sind GVOs nachweisbar? Mir ist bekannt, daß ein kleines Institut in der Nähe von Mailand sich derzeit damit beschäftigt, bei Gensoja diesen Nachweis zu erbringen. Und dies gelingt diesem Institut auch dann, wenn der gentechnisch veränderte Anteil nur ein Prozent beträgt. Das ist schon ein ganz großartiger Erfolg. So etwas würde ohne Forschung allerdings nicht möglich sein.

Jetzt versucht man, das auf Hitzeeinwirkung zu testen. Das heißt, mit diesem Gensojamehl bäckt man Kekse, um danach festzustellen, ob dann noch etwas nachweisbar ist.

Das alles sind wichtige Erkenntnisse, die wir brauchen, um eine möglichst lückenlose Kennzeichnung zu erreichen. Die Realisten setzen also auf Kennzeichnung.

Der nächste Punkt: keine Freisetzungen in Österreich. In Salzburg ist man einmal - ich sage es bewußt - auf die Schnapsidee gekommen, Salzburg zur gentechnikfreien Zone zu erklären. Wenn Sie wissen, daß das bayrische Freilassing schon mit Salzburg zusammenwächst, dann frage ich Sie: Was ist von so etwas zu halten? Ich möchte mich darüber nicht näher verbreitern. Auch hier setzen die Realisten auf entsprechende Prüfung, auf ordentliche Genehmigungsverfahren und auf die heute zu klärende Frage der Haftung.

Der Forderung "Kein Patent auf Leben!", meine Damen und Herren, kann ich mich am ehesten anschließen. Allerdings habe ich Bedenken, denn die Gefahr von Abhängigkeiten drängt sich bei mir auf. Deshalb möchte ich hier ein Zitat aus der Diskussion zum Bericht um die Gentechnik-Enquete-Kommission zum besten geben: Wir haben uns darauf geeinigt, daß ein Patentierungsverbot von Genen vorangetrieben werden muß. Freilich konnten wir uns schon nicht mehr einigen, was wir unter Gen verstehen. Ist es eine synthetische Sache oder eine natürliche Sache? Wir haben uns sogar darauf geeinigt, daß man über dieses Verbot der Patentierung von Genen hinausgehende Patentierungsverbote überdenken muß, weil verhindert werden soll, daß durch Patentierung von Organismen die biomedizinische Forschung, der ärztliche Fortschritt und die Zugänglichkeit landwirtschaftlich genutzter Lebewesen eingeschränkt werden. - Das sei hier nur zum Nachdenken wiederholt.

Das zuständige Regierungsmitglied, Frau Bundesministerin Prammer, hat viel getan, und sie wird noch stark gefordert werden, meine Damen und Herren. Im EU-Parlament findet derzeit die erste Lesung zu Freisetzungen, die zweite Lesung zur Anwendung in geschlossenen Systemen statt. Die Beschlußfassung wird also in die Zeit unserer EU-Präsidentschaft fallen. Der Besondere Ausschuß war sehr erfolgreich, die Konsenslösungen sind herzeigbar, politische Kompromisse sind allemal notwendig. Was mir aber wichtig erscheint, ist, daß die Gesprächsbasis mit der Wirtschaft, mit der Wissenschaft und mit den Proponenten erhalten geblieben ist.

Trotzdem möchte ich aus der April-Ausgabe der Zeitschrift "Chemie" zitieren. Hier steht: "In Sachen Gentechnik beginnt Europa auf eine pragmatische Linie einzuschwenken. Die österreichische Politik dagegen läßt sich mehr denn je von Boulevardpresse und Ökoopposition vereinnahmen." - Also so schlecht, wie dieses Gesetz von den Oppositionsparteien hier geschildert wird, kann es nicht sein, wenn es den Vertretern in der "Chemie" zum Beispiel zuwenig ist.

Ich würde sagen: Das trifft genausowenig zu wie die Äußerungen der Gegner, die das Ergebnis als lächerlich und als eine Verspottung der Unterzeichner des Volksbegehrens bezeichnen. Sie können niemals erwartet haben, daß die Forderungen 1 : 1 umsetzbar sind. Aber manchmal sage ich mir schon, daß Aktionismus offensichtlich für manche eine Überlebensfrage ist.

Meine Damen und Herren! Wir haben Verantwortung, und diese kann sich nur auf dem Boden der Realität abspielen. Wir haben Verantwortung im Gesundheitsbereich, in der Forschung, zur Erhaltung des Standortes, für die betreffenden Arbeitnehmer und so weiter. Die lange Vorgeschichte zeigt den verantwortungsbewußten Umgang mit der Gentechnik insgesamt, den wir gepflegt haben und sicher auch weiter pflegen werden. Auf Information zu setzen, um der Angst


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