Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 130

Herr Kollege Schieder! Sie können hier semantisch das Wort "verlangt" in den Raum stellen: Vom Inhalt her war sich das Hohe Haus darüber einig, daß zumindest bis Ende des ersten Quartals, also bis 31. März 1998, dieser Optionenbericht vorzulegen ist, Herr Kollege Schieder. (Beifall bei den Freiheitlichen. - Abg. Schieder: "Verlangt" ist etwas anderes! Zwischen "verlangen" und "auffordern" ist ein Unterschied! Verlangt haben wir gar nichts! - Abg. Dr. Khol: Er hat nichts verlangt! - Abg. Mag. Stadler: Er hat es nur beschlossen!)

Herr Kollege Schieder! Es ist für mich wirklich geradezu kurios, daß heute ausgerechnet Sie und Herr Klubobmann Khol den Zeitdruck beklagen und ihn als Grund dafür angeben, warum Sie dem vorliegenden Dringlichen Antrag der Freiheitlichen heute nicht zustimmen können. (Abg. Schieder: Ich habe keinen Zeitdruck!)

Den Zeitdruck, Herr Kollege Schieder, falls überhaupt einer bestanden hat, haben Sie und Herr Kollege Spindelegger sich mit Ihrer Entschließung, die eine Mehrheit in diesem Hause gefunden hat, selbst gesetzt. Und Sie wissen das auch ganz genau, wenn Sie jetzt wieder relativ freundlich aus der ersten Bankreihe hier herüberlächeln. Sie wissen auch ganz genau, daß Sie offensichtlich den Zeithorizont unterschätzt haben, innerhalb dessen Sie auf einen gemeinsamen Nenner in den innerkoalitionären Verhandlungen hätten kommen können.

Da Sie sich im außenpolitischen Bereich bewegen, wissen Sie weiters ganz genau, Herr Kollege Schieder, daß Ihre eigenen Parteifreunde aus der Sozialistischen Internationale sowie die Freunde aus den NATO-Staaten das eigentlich nur mehr mit Kopfschütteln betrachten.

Für einen Umstand bin ich allerdings dankbar, daß nämlich in der heutigen Diskussion wenigstens jener Schwachsinn aufgehört hat, davon zu sprechen, daß nunmehr durch den Antrag der Freiheitlichen die NATO-Grenze näher an Moskau gerückt wird, denn offensichtlich haben Sie seit der gestrigen Debatte wenigstens in einem Atlas nachgesehen. (Abg. Schieder: Das habe ich nicht gesagt!)

Herr Kollege Schieder, Sie haben offensichtlich schon vergessen, was die Damen und Herren aus Ihrer Fraktion in der gestrigen Debatte eingewandt haben. (Abg. Schieder: Ich habe das nicht gesagt!) Ich darf Sie daran erinnern, Herr Kollege Schieder, daß die NATO-Grenze der Türkei mit 1 230 Kilometern näher bei Moskau ist, daß sie von Norwegen näher bei Moskau ist, als das nach einem Beitritt Tschechiens oder Ungarns der Fall sein wird. Aber das wissen Sie ohnehin.

Solche "Argumente" verwenden Sie auf internationaler Ebene ohnehin nie. Sie glauben aber, daß Sie das hier den Österreicherinnen und Österreichern servieren können, weil sich die Leute Ihrer Ansicht nach in der Geographie nicht auskennen. (Abg. Schieder: Ich habe das nicht gesagt mit der Geographie!)

Ich bin der Ansicht, Herr Kollege Schieder, daß die Bundesregierung besser daran wäre, wenn sie in bezug auf die Sicherheitspolitik endlich einen Optionenbericht vorlegen würde, wenn sie diesen Optionenbericht endlich dem österreichischen Souverän, nämlich den Wählerinnen und Wählern, in einer Volksabstimmung zur Beschlußfassung vorlegen würde. Denn dann würden Sie mit Sicherheit und Klarheit erkennen, Herr Abgeordneter Schieder, daß die Österreicherinnen und Österreicher in der Sicherheitsfrage schon längst weiter sind als die Hälfte Ihres linken Klubs in den hinteren Reihen Ihrer Fraktion. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Schieder! Obwohl Sie eine abfällige Handbewegung machen, möchte ich Ihnen sagen, daß Sie folgendes nicht verdrängen sollten: Gerade in der Frage eines Erstschlages wäre es doch gar nicht uninteressant, als Gesprächspartner in der NATO zu sitzen und mitzuentscheiden, ob solch ein Erstschlag als Präventionsschlag erfolgen darf, erfolgen soll oder erfolgen kann - statt sozusagen draußen vor der Türe zu sitzen und im "PfP"-Verfahren darauf zu warten, daß die NATO einem dann mitteilt, daß sie einen entsprechenden Beschluß gefaßt hat. (Abg. Schieder: Das ist sehr interessant! Das ist hochinteressant!)

Ich kann mich noch daran erinnern, Herr Kollege Schieder, daß Sie in anderen Angelegenheiten der Europäischen Union durchaus immer das Argument der Mitsprache angeführt haben. (Abg.


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