Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 160

den Text zu präzisieren. Ich möchte sagen, es ging darum, vielleicht eine redaktionelle Fehlleistung bei bestehenden Gesetzen zu beseitigen.

Die Entschließungsanträge, die eingebracht wurden und an eigene Minister und Ministerinnen gerichtet sind, sind aus meiner Sicht vielleicht ein Schritt vorwärts als Alibi, aber insgesamt eigentlich zwei Schritte zurück, wenn es um die Auswirkungen geht, und auch ein Eingeständnis der Handlungsunfähigkeit und der Reformunfähigkeit im Frauenbereich.

Ich meine, Papier und schöne Worte haben wir schon genug, jetzt müssen wir die Versprechen, die wir den Frauen gegeben haben, einlösen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Ich bin aber wirklich enttäuscht über die Einengung des ursprünglichen Anliegens dieses Volksbegehrens. Ich bin darüber enttäuscht, daß die Diskussion nur auf die 1:1-Umsetzung, die wortgetreue Umsetzung dieser elf Forderungen reduziert wurde. Ich sehe hier wirklich einerseits die Gefahr der Zuordnung einzelner Punkte zu unterschiedlichen parteiideologischen Konzepten und andererseits auch die Gefahr, daß diese Anliegen des Frauen-Volksbegehrens, der wirklich berechtigte Wunsch nach Veränderungen und die aufgekommene Bereitschaft, für Frauen etwas zu tun, in diesen Konzepten verstauben, möchte ich fast sagen.

Ich erkenne auch die Gefahr, daß sich viele Frauen, viele Unterzeichner und Unterzeichnerinnen - damit meine ich Arbeitnehmerinnen, ich meine Künstlerinnen, ich meine Selbständige, ich meine aber auch nicht erwerbstätige Frauen - in ihrem emanzipatorischen Anspruch eingeengt sehen und sich durch die Reduzierung der Diskussion auf ausschließlich elf Punkte eigentlich auch nicht mehr wirklich vertreten fühlen. Ich sage das nicht als Kritik, sondern aus der Sorge heraus, daß wir dadurch die Aufbruchstimmung, in der wir uns befunden haben, eigentlich wieder beseitigen. Ich befürchte auch, daß wir dadurch viele engagierte und motivierte Frauen unter Umständen demotivieren, Frauen, die dann diese Welle, diese Aufbruchstimmung nicht mehr mittragen können oder wollen, und daß diese Welle leider - "leider" für alle Frauen - nicht mehr weitergetragen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon gesagt, daß die Liberalen sicher einen differenzierten Zugang zu einzelnen Punkten haben, aber einen differenzierten Zugang zu formulierten Punkten zu haben heißt nicht, die Notwendigkeit der Herbeiführung einer Änderung nicht auch zu erkennen und umsetzen zu wollen. Wir haben auch in unserer bisherigen Politik in vielen Initiativen, im Bildungsbereich, im Wirtschaftsbereich, auch im sozialpolitischen Bereich, immer wieder Anträge eingebracht, um diesem auch von uns selbst gesetzten Ziel näherzukommen. Sich zu Chancengleichheit und Gleichberechtigung zu bekennen, ist jedenfalls zuwenig. Vermutlich bekennen sich viele hier in diesem Hohen Haus dazu, aber Tatsache ist, daß uns die Realität Lügen straft, denn die unbestritten vorhandene Benachteiligung von Frauen ist das Ergebnis von diskriminierenden gesetzlichen Bestimmungen und auch das Ergebnis von fehlenden Rahmenbedingungen.

Weil Sie, Frau Ministerin, heute gesagt haben, es wäre ein bemerkenswerter Erfolg, keinen Schritt in die falsche Richtung getan zu haben, muß ich Sie fragen: Wie weit wollen wir noch in die falsche Richtung gehen - ich denke an die Sparpakete 1 und 2, die eindeutig Frauen einseitig diskriminiert haben?! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber auch diese Sparpakete sind nur ein Beispiel dafür, daß reine Reparaturversuche bei Gesetzen, insbesondere im sozialrechtlichen Bereich, die den unterschiedlichen, ganz individuellen Lebensverläufen von Frauen nicht gerecht werden, nicht funktionieren können. Eines ist klar: Immer dann, wenn Ungleiches gleich behandelt wird, muß das ganz einfach Diskriminierung zur Folge haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zur Änderung des Artikels 7 der Bundesverfassung. Frau Kollegin Haller, Sie haben mich heute schon überrascht mit Ihrer Kritik an dieser Position. Ich sage aber gleich in positiver Weise dazu: Ich bin froh über Ihren Sinneswandel, denn im schriftlichen Positionspapier, das Sie noch im Ausschuß eingebracht


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