Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 174

Ahnung, was sie tun. Entweder sie wissen es wirklich nicht. Das wäre noch die angenehmere Variante, woran ich nicht glaube."

Wir laden die Frauen ein, in Zukunft verstärkt freiheitlich zu wählen. Ihre Anliegen sind bei uns in guten Händen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.55Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. - Bitte.

19.55Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich nach den Ausführungen meiner Kollegin Bauer und meiner VorrednerInnen mit ein paar Blitzlichtern der Jetztzeit fortsetzen. 80 Prozent der Berufswahlentscheidungen von Kindern werden durch die Eltern getroffen beziehungsweise mitgetroffen. Ich sehe daher einen massiven Ansatzpunkt für eine aufgeklärte Entscheidungshilfe im Beleben der Schulpartnerschaft.

Ein konkretes Beispiel: Ein Elternpaar redet darüber, welchen Beruf ihre Kinder denn ergreifen sollten. In dieser Familie sind zwei Buben und ein Mädchen: Die Buben haben Schulschwierigkeiten, Probleme beim logischen Denken, brauchen ständig Nachhilfe; das Mädchen ist hochbegabt, Vorzugsschülerin, in Mathematik super. Die Eltern sagen, die Buben sollen einmal Anwälte werden, denn da gibt es eine Kanzlei zu erben. Sie sollen viel Geld machen. Das Mädchen soll das Weibliche hüten und Kindergärtnerin werden.

Ein weiterer Fall: Eine HTL-Absolventin, in ihrer Klasse das einzige Mädchen, Vorzugsschülerin, bekommt keinen Job, weil der Personalchef beim Vorstellungsgespräch aufblickt und sieht, es ist eine Michaela und kein Michael.

Drittes Beispiel: Ein HAK-Lehrer ist entsetzt, weil ihm nachgewiesen wird, daß er im koedukativen Unterricht die Mädchen nicht bevorzugt - wie er meint -, sondern schwer benachteiligt, weil sich die Buben Aufmerksamkeit nehmen und nicht - wie er meint - die Mädchen.

Meine Damen und Herren! Das alles sind Probleme, auf die Antworten gegeben werden sollen, und ich meine, die Zeit, in der es so leicht war, auf "natürliche Unterschiede" und "natürliche Lösungen" abzustellen, ist vorbei. Wir sehen, daß die Geschichte und die Sozialisation mindestens so prägend sind wie sozialpolitische Maßnahmen und Strategien und wir uns daher um dieses Bedingungsgefüge - nämlich: Problem, Sonderfall, Gesellschaftsanalyse und Antworten darauf - kümmern müssen. Welche Antworten sind vorfindbar, welche werden grundsätzlich gegeben?

Zum einen existiert das, was die radikalen Feministinnen machen, und zwar auf das konsequent "andere" zu setzen, das Weibliche, dem das Männliche gegenübersteht beziehungsweise dieses als das Eigentliche "verkaufte" durch das Weibliche zu ersetzen. Gemeint sind andere Begehrensformen, anderes Denken, mehr Gefühl, andere Formen von Lösungsansätzen. Sie vergessen aber dabei, daß das Andere immer das Abgeleitete vom Eigentlichen und damit vom Wertvollen ist, also eine Sackgasse.

Ein zweiter Weg ist, auf Gleichberechtigung, das heißt, auf formale und materielle Gleichberechtigung zu setzen, das heißt, formal und faktisch den Mädchen Zutritt zu allen Ebenen von Gesellschaft, Beruf, Öffentlichkeit, Politik, Machtentscheidungen zu gewähren. Eine Analyse der Verfassung hat ergeben, daß die in die konstitutionelle Monarchie zurückreichende Verfassung auch bloß auf die Gleichheit vor dem Gesetz und nicht durch das Gesetz abgestellt hat. Insoferne bin ich froh darüber, daß ich Rückmeldungen auch etwa von Frau Professor Kucsko-Stadlmayer habe, nämlich daß wir mit unserem Vorschlag bezüglich Verfassungsregelung richtig liegen; richtig im Sinne der Weiterentwicklung der Verfassung und richtig im Sinne der Frauenrechte. Das einmal zur Aufklärung. (Beifall bei der ÖVP.)


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