Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 175

Die Volkspartei liegt, meine ich, richtig, wenn sie bei der Lösung von Frauenproblemen eher den zweiten Weg geht, nämlich der Herstellung von nicht nur formalen, sondern faktisch gleichen Zugangsmöglichkeiten, und dies mit sehr viel Vernunft und Verstand betreibt. Vernünftiges, rationales Vorgehen, strategisches Bewußtsein schaffen - das alles hat doch auch ein achtbares Ergebnis in den Beratungen zum Frauen-Volksbegehren gebracht.

Was ist das? - Etwa: Sicherung der Frauenförderung und Gleichstellungsmaßnahmen durch die ausgehandelte und Ihnen vorgestellte Verfassungsbestimmung, Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Es ist auch keine Schande, wenn sich der Bund dieser Angelegenheit annimmt und sie zu seiner Sache macht. Bis zum Jahre 1962 lagen die Kinderbetreuungs- und Kindergartenangelegenheiten beim Unterrichtsressort, das heißt, sie waren schon einmal Bundesangelegenheit. Und bundeseinheitliche Kriterien zu entwickeln, halte ich für keinen Schaden. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Der Aufbau einer langfristigen Alterssicherung und die gleichzeitige Lösung jener Probleme, die Frauen, die durch zumeist unverschuldete Lebensentwicklung, Familienarbeitsleistung und Trennungserfahrungen unter die Armutsgrenze fallen, jetzt haben, sind keine widersprüchliche Angelegenheiten. Wir verschließen uns dem nicht, wir sehen in diesem Entschließungsantrag genau den richtigen Weg dorthin.

Im Zentrum steht für die Volkspartei aber die Weiterentwicklung der Arbeitszeitflexibilisierung. Sie entspricht der allseits gewünschten Zeitsouveränität von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, ebenso wie von Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen.

Ob das mit dem Recht auf Teilzeit erreicht wird, darüber waren sich nicht einmal die Experten im Ausschuß einig. Die Frage jetzt auf eine Meinung hinbiegen zu wollen und zu sagen, daß all jene, die sich diesem Vorschlag nicht anschließen, nichts für eine weitere Flexibilisierung täten, halte ich - gelinde gesagt - für nicht solide. Da gab es keine einhellige Auffassung bei den ExpertInnen.

Es gab ebenso keine einhellige Auffassung bezüglich der Verlängerung der Behaltefrist auf 26 Wochen. Es war die Expertin Frau Mag. Schiffbänker, die nicht von der ÖVP vorgeschlagen wurde, die gesagt hat, wir können auch auf andere Weise zu mehr Frauenschutz kommen, denn von der Kinderbetreuung, der Absenz vom Arbeitsplatz in die Arbeitslosigkeit und wiederum in eine Absenz vom Arbeitsmarkt zu kommen und dann eines Tages aufzuwachen und nicht mehr in den Arbeitsprozeß zurückzufinden, dieses Aufwachen - dieses erschreckende Aufwachen! - sollten wir den Frauen ersparen.

Die Konsequenz müssen also andere Sicherungsmaßnahmen und Methoden zur raschen Wiedereingliederung sein. Erinnern Sie sich an die Studie von Gerda Neyer, die nachgewiesen hat, daß zu lange Absenz vom Arbeitsmarkt durch Karenz eigentlich am Wiedereinstieg hindert.

Frauen sollten sich, meine ich, stärker als bisher darum kümmern, ihre Ansprüche in Fragen der Privatisierung von Politik selbst zu formulieren. In Zeiten der Ausgliederung von Betrieben aus der Kameralistik und aus der staatlichen Regulierung geht es mehr als bisher um rationale, strategisch eindeutige, professionelle Entscheidungen. Dazu gibt es gelungene Beispiele, wie und auf welche Weise Frauen das schaffen.

Es gibt aber gegenwärtig gerade ein Beispiel, das mich sehr besorgt macht. Eine Bewerberin um das höchste Amt im Staate ist sich offenbar mehr und mehr nicht gewahr, daß sie Produkt einiger reifer Männer wird und sich in mädchenhafter Koketterie auf die "Macht des Bauches" verläßt - weniger auf die Kraft und Macht des Verstandes. Sie verzichtet auf Professionalität, sie läßt sich selbst zum Verzicht auf Argumentation verführen. Ich meine aber, daß Demokratie die Kompetenz des Differenzierens und der Gedanken braucht. Wer das Auftreten des Hauptbewerbers um das Amt des Bundespräsidenten als "royal" und "unpassend" bezeichnet, sich selbst aber mit einer tragisch-schillernden Prinzessin vergleicht, wer sich von der anerkannten Kirchenfrau zur "Rose aus Weppersdorf" machen läßt, muß scheitern. (Abg. Dr. Mertel: Das ist Ihrer nicht würdig! Das ist Ihrer nicht würdig, Frau Kollegin!)


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