Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 176

Wenn wir heute, am 16. April 1998, über die Zukunft der Frauenpolitik reden, dann stimme ich zu, daß es nicht weiter darum geht, bei Feuerbach, Hegel, Schopenhauer oder dort anzusetzen, wo gesagt wird: "Sein ist das Weib, Denken der Mann." - Wenn wir uns weiter an Feuerbach, Hegel und Schopenhauer halten wollen - Sein ist das Weib, Gefühl ist das Weib, Denken ist der Mann -, dann gehen wir in die falsche Richtung, denn Frauenkompetenz ist nicht automatisch mit Reduktion auf Gefühl gleichzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mehr Denken, meine Damen! Mehr Denken und mehr Kraft! Gemeinsam schaffen wir es! (Beifall bei der ÖVP.)

20.03Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Motter. - Bitte.

20.03Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Brinek! Gemeinsam schaffen wir es! - Ich bin schon sehr lange hier im Hause und habe immer an die Gemeinsamkeit geglaubt, aber ich glaube langsam nicht mehr daran, wenn ich das magere Ergebnis von heute vor Augen geführt bekomme. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Denn nach wie vor, meine Damen und Herren, gibt es eine bestehende Benachteiligung von Frauen. Das ist unbestritten und nicht zuletzt Ergebnis diskriminierender gesetzlicher Regelungen, aber auch Ergebnis fehlender Rahmenbedingungen - wobei die Politik für beide Ursachenbereiche wesentliche Verantwortung trägt.

Ebenso trägt auch die gesellschaftliche Machtverteilung viel zu dieser Ungleichbehandlung von Mann und Frau bei, die ihre Wurzeln in althergebrachten Aufgaben und Rollenzuteilungen für die Geschlechter hat. Die tradierte Rollenverteilung hieß und heißt leider heute noch oft: Der Mann hat durch die bezahlte Arbeit für den Unterhalt der Familie zu sorgen, die Frau sorgt mit unbezahlter Arbeit dafür, daß der Mann seiner Erwerbsarbeit überhaupt nachgehen kann. Sind Kinder vorhanden, ist das Strickmuster fortzuführen: Der Mann sorgt durch Berufsausübung für die finanzielle Grundlage der Familie, die Frau gibt ihren Beruf auf, soweit sie überhaupt die Möglichkeit hatte, einen zu erlernen, um durch unbezahlte Arbeit die soziale Grundlage zu schaffen. Und da der Grad der Selbständigkeit, meine Damen und Herren, in unserer Gesellschaft weitgehend vom Geld abhängt, sind damit die Machtverhältnisse klar verteilt. Jedenfalls ist das das Bild - leider noch immer! - in unserer Gesellschaft.

Die gesellschaftliche Struktur, die Arbeitswelt und auch die Sprache haben sich daran orientiert, und die Gewöhnung daran verleitet leider zu dem Kurzschluß, das müsse alles so sein und so bleiben. Eine tiefergreifende Diskussion über diesen Zustand findet selten statt, man begnügt sich mit Grundsatzerklärungen, ohne Begriffdefinitionen vorzunehmen. Ich gebe schon zu: Das ist durchaus praktisch, denn dadurch läßt sich vieles begründen, und gerade in Zeiten, in denen Wahlen anstehen, wird gerne der Respekt für die Mehrfachbelastung der Frau überstrapaziert.

Was die Frau allerdings darf - das wissen wir auch -, ist, wenn Not am Manne ist, in die Bresche zu springen und dafür herzuhalten, vor allem schlechter bezahlte Tätigkeiten oder mühsame soziale Dienste, mitunter aber sogar Spitzenfunktionen auszuüben, wenn eben gerade kein Mann da ist. Daß dies zu ändern sein sollte, leuchtet uns allen ein, und darüber wird auch hier immer wieder von diesem Rednerpult aus gesprochen. Was wird aber wirklich ernsthaft unternommen?

Die heutige Rede von Herrn Klubobmann Kostelka war wunderschön. Er hat die Ungleichheit der Frauen erkannt, aber ich frage ihn jetzt - er ist nicht da -: Was unternimmt er wirklich, damit das geändert wird? - Ich sage es ihm: Nichts! Es geht aber immer darum, was bis jetzt tatsächlich getan wurde. (Abg. Dr. Gredler: Genau! - Abg. Dr. Mertel: Aber der Herr Khol ist da!) Er hat noch nicht gesprochen. Ich nehme an, Sie werden noch zum Thema "Frauen" sprechen. (Abg. Dr. Khol: Nein!) Nicht? - Schade! (Abg. Dr. Khol: Ich sage Ihnen das lateinische Sprichwort vor: Si tacuisses, philosophus mansisses!) Das ist auch ein Grundsatz,


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