Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 177

ja. - Daß nicht einmal ein Volksbegehren, wie wir es heute behandeln, ernst genommen wird, ist ein Faktum!

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich aber jetzt ganz konkret jenen Punkten zuwenden, die wir Liberalen im Zuge des Frauen-Volksbegehrens gefordert haben; ich möchte mich damit auseinandersetzen. Wir stehen auch heute noch dazu - und das ist eine alte Forderung meinerseits -, daß jeder Mensch das Recht darauf hat, Beruf und Kinder miteinander vereinbaren zu können. Daher ist es eine grundsätzliche Forderung, daß der Gesetzgeber für die Bereitstellung ganztägiger qualifizierter Betreuungseinrichtungen für Kinder aller Altersstufen zu sorgen hat.

Es ist für uns auch selbstverständlich, daß Tagesmütter auszubilden und arbeits- und sozialrechtlich abzusichern sind. Wir unterstützen daher heute voll die Forderung der Vorarlberger Pflegeeltern nach arbeits- und sozialrechtlicher Absicherung, die sie gestern an die Vorarlberger Landesregierung gestellt haben, und ich hoffe, daß das auch andere Bundesländer in Zukunft auf ihre Fahnen heften werden. Ich bin zuversichtlich - Vorarlberg setzt ja oft Prioritäten -, daß vielleicht doch bald auch unserer alten Forderung entsprochen und das eingerichtet wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Weil eine flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen, deren Ausbau wir selbstverständlich verlangen, in naher Zukunft nicht rasch genug für die betroffenen Frauen und Männer umzusetzen ist, haben sich die Liberalen auch für eine Unterstützung von Privatinitiativen und betrieblichen Initiativen, die den Anforderungen flexibler Betreuungszeiten eher entsprechen, eingesetzt. Und ich möchte das jetzt gleich - anschließend an die Ausführungen meiner Kollegin Schaffenrath - in aller Kürze doch noch einmal erklären.

Frau Ministerin! Es ist mir bekannt, daß Sie nichts von privaten Einrichtungen halten. Ich weiß aber von vielen Eltern, daß sie viel lieber private Einrichtungen in Anspruch nehmen würden als staatliche - aber es sind leider zu wenig vorhanden. Ich meine, mit diesem Faktum müssen Sie sich - ob Sie wollen oder nicht - einmal auseinandersetzen.

Aus diesem Grund haben wir auch einen Entschließungsantrag im Ausschuß eingebracht. In diesem Entschließungsantrag betreffend die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten wird die Bundesregierung ersucht, ein Konzept zu erstellen, in dem die steuerliche Absetzbarkeit vorgesehen wird. Dabei sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

Erstens: Die Kinderbetreuungskosten sollen als Werbungskosten bis maximal 60 000 S jährlich steuerlich absetzbar sein.

Zweitens: Um sicherzustellen, daß die Treffsicherheit dieser Absetzbarkeit gleichmäßig auf alle Einkommensstufen gewährleistet ist, ist eine Negativsteuer-Regelung, die eine Einschleifregelung und eine Deckelung enthält, vorzusehen.

Drittens: Voraussetzung für die Absetzbarkeit ist der Einsatz von pädagogisch geschultem Personal.

Viertens: Die arbeits- und sozialrechtliche Absicherung des qualifizierten Betreuungspersonals muß gewährleistet sein.

Die Begründung dieses Antrages liegt in der Tatsache, daß in Österreich nur 54 Prozent der Kindergärten ganztags durchgehend geöffnet haben. Außerdem bestehen in den Öffnungszeiten der Kindergärten regional beträchtliche Unterschiede: Während in Wien 93 Prozent aller Kindergärten durchgehend geöffnet haben, werden in Tirol nur 4,9 Prozent ganztägig, ohne Mittagspause, geführt. Nur 1,5 Prozent aller österreichischen Kindergärten, ein einziger Hort und vier Kinderkrippen bieten auch eine Samstags- beziehungsweise Sonntagsbetreuung an. - Meine Damen und Herren! Das zeigt, daß bei den Öffnungszeiten bisher keine Rücksicht auf eventuelle Betreuungspflichten von Beschäftigten im Handel, im Hotel- und Gastgewerbe, im Gesundheitswesen und in anderen Dienstleistungsberufen genommen wurde.


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