Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 178

Auch zwischen dem Mindesturlaub einerseits und den Schul- beziehungsweise Kindergartenferien andererseits besteht eine erhebliche Diskrepanz. Vor allem bei den zwei- bis vierjährigen Kindern ist die Situation prekär und wurde durch die De-facto-Kürzung der Karenzzeit auf eineinhalb Jahre noch verschärft. Sogar in Wien, das ein vergleichsweise großes Angebot hat, gibt es nur für 9 Prozent aller Kinder unter drei Jahren eine institutionelle Betreuungsmöglichkeit. Bei den unter zwei Jahre alten Kindern liegt die österreichweite Quote sogar bei unter 2 Prozent, und auch das Angebot für die Betreuung der Sechs- bis Zehnjährigen liegt weit unter dem Bedarf.

Um dieses Manko zu überwinden, wird es für den Fall, daß beide Partner beziehungsweise der Alleinerzieher oder die Alleinerzieherin erwerbstätig sind, notwendig sein, in Zukunft private Initiativen zur Betreuung von Kindern zu erleichtern. Es sollen, wie schon erwähnt, Kinderbetreuungskosten bis maximal 60 000 S jährlich im Rahmen der Werbungskosten steuerlich absetzbar sein, denn Kinderbetreuung steht in einem engen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit beziehungsweise ist deren Grundvoraussetzung. Durch die Möglichkeit einer steuerlichen Absetzbarkeit könnten sich mehrere Eltern oder Elternteile zu einem Verein oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen. Sie könnten gemeinsam eine oder mehrere qualifizierte Betreuungspersonen einstellen und einen Teil jener Mittel, den sich die öffentliche Hand durch die Nichtinanspruchnahme öffentlicher Mittel erspart, über den Steuervorteil lukrieren. Für Erwerbstätige mit einem niedrigen Einkommen, bei dem der Steuervorteil nicht zum Tragen kommt, wäre das System der Negativsteuer anzuwenden.

Wir setzen allerdings voraus, daß die Betreuungsperson in einem Angestelltenverhältnis steht, also sozialrechtlich abgesichert ist, und damit die Kosten der Betreuung auch nachweisbar sind. Außerdem muß die Kinderbetreuung durch eine pädagogisch geschulte Kraft erfolgen. Bei Inanspruchnahme von öffentlichen Einrichtungen beziehungsweise von geförderten Privatkindergärten ist eine Absetzbarkeit nicht vorgesehen, weil Mittel der öffentlichen Hand bereits in diese Systeme fließen.

Gegenüber der Organisation einer privaten Kinderbetreuungseinrichtung, der durch die Gemeinde oder das Land in irgendeiner Form eine Förderung gewährt wird, hat die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten den großen Vorteil, daß nicht eine Fülle von Vorschriften einzuhalten ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich, sich dieses Antrags noch einmal anzunehmen und ihn ernsthafter als bisher zu diskutieren.

Diese Regelung hat auch beschäftigungswirksame Effekte, weil damit die Frauenerwerbsquote steigen würde: Wenn eine individuell gestaltbare Kinderbetreuung möglich ist, die auch leistbar ist, werden mehr Frauen in den Erwerbsprozeß einsteigen und somit ihrerseits als Beschäftigte am Arbeitsmarkt auftreten.

In einem weiteren Entschließungsantrag betreffend die erhöhte steuerliche Absetzbarkeit von Betriebskindergärten, der ebenfalls im Zuge der Beratungen über das Frauen-Volksbegehren eingebracht wurde, wird die Bundesregierung ersucht, analog zur erhöhten betrieblichen Absetzbarkeit von Aufwendungen für Forschung und Entwicklung gemäß § 4 Abs. 4 Z 4 Einkommensteuergesetz die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes dahin gehend zu novellieren, daß Aufwendungen zur Schaffung und Erhaltung von Betriebskindergärten in der Höhe von 130 Prozent steuerlich absetzbar sind.

Meine Damen und Herren! Es ist leider auch eine Tatsache, daß Kinder, Küche und Karenz sich immer mehr zum Jobkiller für Frauen in der Arbeitswelt entwickeln. Denn nur noch 20 Prozent aller Frauen, die für die Erziehung der Sprößlinge karenziert waren, schaffen den Wiedereinstieg ins Berufsleben. (Abg. Dr. Mertel: Sie brauchen sich nicht zu beeilen!) Vor vier Jahren waren es immerhin noch rund 33 Prozent, die ohne größere Schwierigkeiten in ihren Beruf zurückfanden.

Einer der Hauptgründe für die Probleme bei der Rückkehr in den Beruf sind noch immer die fehlenden Kinderbetreuungsplätze. (Abg. Dr. Gredler: Genau!) Wenn also auch Betriebe


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