Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 199

Schieder: Das ist die traurige Wirklichkeit!) Für uns gibt es durchaus Wechselwirkungen zwischen schwach und stark bei Frau und Mann. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber lassen wir das beiseite. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Frauen-Volksbegehren, um das es jetzt geht, wurde von über einer halben Million Österreichern unterschrieben! Über eine halbe Million Österreicher, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wurde von Ihnen ganz einfach ignoriert! Wir haben neun Unterausschüsse und zwei Vollausschüsse absolviert und mußten dabei feststellen, daß die ideologischen Gegensätze zwischen SPÖ und ÖVP leider unüberbrückbar sind. Der Kampf zwischen Arbeiterin und Bürgerin war spürbar und unlösbar.

Hören Sie sich einmal an, was Ulli Simma, die Sprecherin von Global 2000, sagt. (Zwischenruf der Abg. Fuchs.) Sie sagt - Sie müssen mir jetzt zuhören! -: "Zudem hatten wir oft das Gefühl, daß die Regierung nach außen zwar sagte: Wir sind auf der Seite der Unterzeichner. Im Gesetz steht aber dann das, was die Industrielobby diktiert." - Beides stimmt: Ideologie und Lobbyismus verhindern seit Jahrzehnten eine wirklich effiziente Frauenpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hätte einen einzigen - einen einzigen! - Fünfparteienantrag gegeben, nämlich zur Verfassungsfrage. Sie alle wissen, worum es geht: Die ÖVP hat ihn verhindert, die ÖVP ist im wahrsten Sinne des Wortes umgefallen und hat ihn zu Fall gebracht! Damit erhielt kein einziger Punkt des Frauen-Volksbegehrens die Zustimmung aller Parteien und sämtliche vorher argumentierten und getrennt eingebrachten Anträge von der SPÖ und von der ÖVP wurden zurückgezogen.

Man hat sich schon geeinigt, aber ausschließlich auf vage, substanzlose gemeinsame Anträge in Form von Wünschen an die Frau Ministerin geeinigt. Zum Beispiel wird sie wird gebeten, das Pensionsversicherungssystem zu überprüfen. - Ich weiß nicht, welche Neuerungen im Pensionsversicherungssystem beschlossen worden sind, wie Sie, Herr Abgeordneter, gesagt haben. Sie sind mir auch im Ausschuß nie aufgefallen. Sie waren gar nicht dort, soviel ich weiß!

Oder: Laut einem Antrag soll die Ministerin eine Studie zur Einkommensentwicklung vorlegen. - Ich stelle fest: Das ist insgesamt eine typisch österreichische Nichtlösung von Problemen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Über die wirklich wichtigen Fragen - Karenzgeldregelung, Teilzeitarbeit, Pensionen - ist überhaupt keine Einigung erzielt worden!

Unser Grundsatz zu dieser ganzen Gleichbehandlungsthematik war immer, gleiche Entscheidungs­ und Gestaltungsfreiheit für Männer und Frauen in vergleichbaren Situationen zu schaffen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist auch nur ein Schlagwort!) Wir können nicht allen Punkten des Frauen-Volksbegehrens zustimmen, aber wir haben versucht, uns zu den wichtigen Punkten zu positionieren und effektive und rasch umsetzbare Lösungen aufzuzeigen.

Ich nenne zum Beispiel den Punkt "Auftragsvergabe an Unternehmer". Ein Lösungsansatz kann nur in einer Minimierung des Karenzrisikos für den Unternehmer bestehen, dann sonst stellt er ja keine Frauen an.

Oder die Forderung "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Das ist eine ganz klare, praktisch schon jahrhundertealte Forderung, die wir natürlich unterstützen. Wenn man dieser Forderung entsprechen will, kann eine Veränderung der Lohnpolitik in Österreich nur durch steuerliche Entlastung von Betrieben und Einkommen erfolgen. (Lebhafte Zwischenrufe.)

Eine weitere, für uns ganz wichtige Forderung ist die Entscheidungsfreiheit der Frau für Beruf und/oder Familie. Dies wird von uns schon seit Jahren durch den Kinderbetreuungsschecks eingefordert. Dieser Antrag betreffend Kinderbetreuungsscheck liegt aber noch immer im Ministerium von Minister Bartenstein zur Prüfung und wird nicht geprüft! (Abg. Schaffenrath: Was glauben Sie, wer zu Hause bleibt?) Ich habe gesagt: Entscheidung für Beruf und/oder Familie. Sie müssen mir schon zuhören, Frau Abgeordnete Schaffenrath! Das haben Sie auch im Ausschuß oft nicht getan. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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