Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 118. Sitzung / 33

von Staatsanwälten und Untersuchungsrichtern beschäftigt sind. Gleichzeitig gibt es zumindest eine Sonderprüfung des Rechnungshofes, und zwar beim Flughafen Wien.

Das ist schon eine neue Dimension im Bereich der zahlreichen Geschichten und "Geschichterln" rund um die Bauwirtschaft in Österreich. Verglichen damit waren die vielen oder die meisten bisherigen Bauaffären im Grunde genommen ja fast Lappalien, kleine Korruptionsaffären, kleine Bestechungsaffären, kleine Veruntreuungen. Illegale Reiseeinladungen in die Karibik waren sozusagen schon die Spitze. All das ist Kleinkram im Vergleich zum jetzt entstandenen Verdacht auf Preisabsprachen im großen Stil. Das ist neu, Herr Bundesminister!

Peter Pilz hat eine Lawine losgetreten, von deren Ausmaß er wahrscheinlich selbst überrascht ist. Ich erwähne das deswegen, weil Kollege Stadler vorhin versucht hat, auch Herrn Dr. Haider ein gewisses Maß an "Copyright" an der Aufdeckung dieser Bauaffären einzuräumen. Das ist sicherlich nicht korrekt, Herr Mag. Stadler. (Abg. Mag. Stadler: O ja!) Herr Haider hat sich zwar ein bißchen "draufgesetzt", aber in nächster Zeit wird er andere Sachen zu tun haben, nämlich die Aufdeckung in eigenen Reihen.

Herr Bundesminister! Ich bin ein bißchen überrascht, weil es - meines Wissens - bisher von Ihnen keine offiziellen Äußerungen zu diesem Thema gibt. Ich darf Sie daran erinnern, daß es sich dabei nicht um Kavaliersdelikte handelt. Verstöße gegen das Kartellrecht sind, wenn sie ernst genug sind, strafrechtlich sanktioniert, und das gilt auch für Submissionskartelle.

Betrug - und da liegt in der Regel Betrugsverdacht vor -, gewerblicher Betrug, nämlich Ausschreibungsbetrug, ist selbstverständlich strafrechtlich sanktioniert. Und last, but not least ergeben sich Schadenersatzfragen, weil all die Delikte, die bis jetzt aufgezeigt wurden, wenn sie bewiesen werden, nicht verjährt sind, weil die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Geschädigte davon Kenntnis erlangt.

Herr Minister Farnleitner! Sie sind, zumindest was den Bund betrifft, der in erster Linie zuständige Minister, und wir erwarten von Ihnen Antworten auf folgende Fragen:

Erstens: Was halten Sie vom derzeitigen Kartellrecht? Was gedenken Sie bezüglich des Kartellrechts und der Kartellaufsicht zu tun? - Es ist Ihnen sicherlich genauso wie mir bekannt, daß das österreichische Kartellrecht unzulänglich ist, vor allem in dem Sinn, daß zwar in Extremfällen das Strafrecht angewendet werden kann, daß es aber vorher keine abgestuften Sanktionen gibt. Es gibt kein Kartellamt, das diesen Namen verdient, es gibt kein Kartellamt wie jenes in Deutschland mit eigenen Untersuchungsrechten und Untersuchungsbefugnissen.

Zweitens: Ich weiß nicht, wie viele Abgeordnete diesen Brief erhalten haben, ich jedenfalls habe vom Präsidenten der Vereinigung Industrieller Bauunternehmungen Österreichs, Herrn Dipl.-Ing. Pöchhacker, kürzlich einen Brief erhalten, der in mehrerer Hinsicht sehr interessant ist. Unter anderem sagt der Präsident der VIBÖ: "Rein moralisch" würde dieser einseitige Druck - er meint das Nachfragemonopol des Staates - "kartellartiges Verhalten im Sinne eines Notstandes rechtfertigen."

Mich würde interessieren, was Herr Kollege Haselsteiner dazu sagt, in erster Linie aber, was Sie, Herr Minister, dazu sagen, daß sich die öffentliche Hand so verhält, daß "rein moralisch" diese Reaktion der Bauwirtschaft gerechtfertigt ist.

Drittens: Herr Dipl.-Ing. Pöchhacker meint, daß die "einseitige Billigstbieterphilosophie" der öffentlichen Hand - das betrifft wohl auch den Bund - "die eigentliche Ursache des Fehlverhaltens vieler Firmen" sei. - Das alles sind wörtliche Zitate aus dem Schreiben. - Diese Situation sei nicht neu, sie sei heute genauso wie vor 15 Jahren.

Zum Beleg dessen legt Herr Pöchhacker einen Artikel aus dem Jahre 1985 bei, hinsichtlich dessen er folgendes sagt: "Aus fast 40jähriger Berufserfahrung bezweifle ich, daß sich an den Zuständen etwas ändern wird. Sie finden" - nämlich ich, der Adressat - "in der Beilage eine Veröffentlichung von mir aus dem Jahre 1985, die ganz exakt die gleichen Umstände und Zustände beschreibt, wie wir sie neuerdings wieder vorfinden."


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