Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 118. Sitzung / 36

wieder Wiederholungen von Ausschreibungen gegeben, da die involvierten Stellen aufgrund der Ähnlichkeit der Offerte den Eindruck hatten, daß es zu Absprachen gekommen sein könnte.

Hohes Haus! Man kann daher in diesem Bereich durch eine verantwortungsbewußte Politik der durchführenden Stellen allen Anzeichen, die in Richtung Absprachen deuten, hinreichend begegnen. Wenn es zu Absprachen kommt, ist, soweit sie den Beamten bekannt werden, Anzeige zu erstatten, sofern sie in ausgelagerten Gesellschaften stattfinden, gibt es meist lange Listen von Mängelrügen, Ex-post-Kontrollen, und es werden dann große Teile wieder zurückgefordert.

Letzter Punkt: Die gesamten Bereiche, die ich angezogen habe, unterliegen der Rechnungshofkontrolle.

Jetzt zu den konkreten Fragen, die Sie, Herr Abgeordneter, an mich gestellt haben.

Ihre Frage betreffend das Kartellgesetz bietet mir die Gelegenheit, Wünsche an das Christkind des Gesetzgebers zu richten. Im Sinne der europäischen Wettbewerbspolitik ist es unvermeidbar, am österreichischen Kartellrecht einige Änderungen vorzunehmen. Ich habe in der letzten Zeit wiederholt, aber ohne positiven Respons, verlangt, daß es im Bereich des Klagerechts Änderungen geben muß. Was hat es für einen Sinn, wenn ich eine Wettbewerbsabteilung im Wirtschaftsministerium habe, die selbst nicht klagen darf, sondern zur Finanzprokuratur laufen muß? - Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Die Frage einer unabhängigen, kontrollierenden Wettbewerbsbehörde à la Kartellamt wird sich in Österreich bei der nächsten Novelle als notwendig erweisen. Wir brauchen diese Art von unabhängigem Bericht. Es hat sich bisher gezeigt, daß wir sonst nur auf die Frage der Kriminalität abweichen und nicht vorweg durch begleitende Untersuchungen eine entsprechende Stimmung schaffen.

Nächster Punkt: die in dem zitierten Brief vorgenommene Beschreibung des Marktes. Ich glaube, das, was ich zum Bundeshochbau gesagt habe und was auch zunehmend beim Straßenbau gilt, nämlich die Stückelung, ist die Antwort auf die Konzentration der Nachfrage. Wir wollten durch Stückelung herbeiführen, daß sich mehr Leute bewerben können, weil es eben eine bestimmte Kapazität nicht übersteigt.

Außerdem: Wenn wir gerade dort, wo wir immer mehr Kleinunternehmen haben, den Markt öffnen, ist die Möglichkeit von Absprachen außerordentlich gering; aber bei riesigen Projekten besteht diese Gefahr immer.

Zu Zuständen der Vergabepraxis und zur Struktur in der Branche selbst: Ich glaube, daß derzeit in ganz Europa die Konzentrationswelle ausgebrochen ist. Wir sehen allerdings in den Vereinigten Staaten bereits wieder Gegenströme, viele der konglomeratisierten Firmen lösen sich wieder auf.

In Österreich wird es so sein, daß wir auf der einen Seite durch eine Überkapazität im Baubereich notwendigerweise Strukturbereinigungen haben werden, daß vor allem die mittelfristigen Dimensionen - beim konkreten Baugeschehen in den von mir zu verantwortenden Bereichen kann ich das feststellen - nicht gerade für eine wachsende Konjunktur sprechen. Wir werden uns etwa im Straßenbereich neue Projekte überlegen müssen.

Ich glaube nicht, daß Preisabsprachen eine Notwehraktion gegenüber der öffentlichen Hand sind.  Es hat folgende Theorie gegeben -  ich darf an die siebziger und achtziger Jahre erinnern -: Wenn man nur den Baubereich als Instrument der Konjunkturpolitik einsetzte, gab es quasi eine Übernachfrage, und die Steuerung erfolgte über eine Antwort aus dem Markt. Heute kann ich aufgrund der von mir gewählten Strategie das Notwehrargument nicht erkennen.

Letzter Punkt: Ich habe daher zur Schadenersatzpflicht für den Bereich, für den ich Verantwortung trage, nichts zu sagen. Das wird bei den jeweiligen Fällen, die vor Gericht behandelt werden, zu beantworten sein.


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