Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 118. Sitzung / 37

Daher insgesamt: Es ist ein tägliches Bemühen - zumindest in den Bereichen, für die ich verantwortlich bin -, der Versuchung zu widerstehen, sich die Dinge zu richten und richten zu lassen. Ich glaube aber nicht, daß man generelle Schlüsse ziehen kann. Mein Eindruck aus der zweijährigen Tätigkeit im Haus ist, daß wir durch größere Vorsicht bei den vergebenden Beamten und durch die von mir angeführten Begleitkontrollen eine Stimmung erzeugt haben, bei der man nicht davon reden kann - siehe Preisindex der Bauwirtschaft, siehe Ergebnisse der Bauwirtschaft -, daß der öffentliche Bau eine "Bonanza" geworden ist, bei der man sich bedienen kann, sondern es ist eben die private Nachfragekomponente schwächer geworden, in der mit extrem niedrigen Margen gearbeitet wird. - Soweit meine Antwort, Herr Präsident, Hohes Haus! Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeit nach § 97 GOG ist bekannt: 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. - Bitte.

10.16

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, Ihre Darlegungen und Ihre Antworten zeigten - sowohl was den Ton als auch den Inhalt anlangt - eine äußert defensive Position. Sie dürften gerade - und das haben Sie uns durch Ihr Verhalten veranschaulicht - doch ziemlich in die Knie gegangen sein vor dem, was sich tagtäglich in der Baubranche abspielt, wo zwar nicht "Bonanza" allein am Werk ist, es aber üblich, täglich Usance ist, sich abzusprechen: aus wirtschaftlichen Gründen, aus Arbeitsplatzgründen, aus Beschäftigungsgründen. Man will sich ja den Gewinn teilen.

Aber auf wessen Kosten teilt man sich den Gewinn? - Sie zahlen dann als öffentliche Hand, wir zahlen als Steuerzahler in Summe Milliardenbeträge an Baukartelle, während wir auf der anderen Seite weit geringere Beträge, nämlich nur ein bis zwei Milliarden, für das Nationale Beschäftigungsprogramm zur Verfügung stellen. Das ist für mich der wesentliche Kern. Hier lassen wir uns tagtäglich mehr oder weniger hinters Licht führen, tagtäglich das Geld aus der öffentlichen Steuerkassa ziehen, auf der anderen Seite aber holen wir uns das Geld bei denen, die es am nötigsten brauchen, sparen wir bei denen, die unter den Sparpaketen sowieso schon leiden.

Ganz konkret: Es ist nicht das erste Mal, daß ein Bauskandal in diesem Hause als Themenschwerpunkt zur Diskussion steht und hier Rede und Antwort dazu stattfinden. Es ist nicht das erste Mal, daß sich in den Zeitungen Schlagzeilen türmen. Nein! Das gehört schon zur Usance, das ist Alltagsgeschäft. Darum ist es für mich besonders bedrückend, daß Sie so defensiv, so zurückhaltend sind und in etwa meinen: Na meine Güte, wir werden schon etwas tun! Wunsch an das Christkind, Änderung des Kartellgesetzes. Sie reagieren sehr defensiv mit Christkind-Wünschen. Das ist für mich die Abdankung der Politik gegenüber dem, was sich baumafiamäßig kundtut.

Wieso kam es überhaupt zur Aufdeckung? - Nicht wir in Österreich haben die aktuellen Bauskandale aufgedeckt und offengelegt. Nein! Wo war dies möglich, wo ist der Anstoß dafür erfolgt? - In München, in Bayern. Warum? - Das hat strukturelle Hintergründe. In Bayern gibt es Staatsanwaltschaften mit zwölf Personen, die speziell zu diesem Sachverhalt Ermittlungen durchführen. In Bayern, in München arbeiten zwölf Staatsanwälte mit Sonderauftrag "Überprüfung des Baugeschehens". Nach einem Bericht im "Report” vor 14 Tagen sind in ganz Österreich ein Staatsanwalt und ein Untersuchungsrichter am Werk. Jetzt gibt es eine Massenrazzia, 80 Unternehmen werden durchforscht, jetzt sind 48 Beamte auf Trab, aber das strukturelle Problem liegt darin, daß wir, sowohl was die Staatsanwaltschaft als auch die Wirtschaftspolizei anlangt, unterbesetzt sind. Das ist ein strukturelles Problem, das neben dem Kartellrecht auf jeden Fall auch einer Lösung zugeführt werden muß.


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