Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 118. Sitzung / 38

Mein Kollege und Vorgänger Anschober hat sich mit dem Herrn Justizminister in dieser Richtung auch schon einmal unterhalten. Herr Minister Michalek soll gesagt haben: Meine Güte, das ist Personaleinsparung. Das können wir uns nicht leisten!

Ich frage mich: Können wir es uns leisten, daß auf diese Art und Weise jährlich Milliardenbeträge durch Preisabsprachen, durch Abschlagszahlungen, durch Preisvereinbarungen, durch überhöhte Angebote, durch das sogenannte Kaffeehauskarussell in den Kassen der Bauwirtschaft verschwinden?

Ich glaube, wir müssen in eine bessere Kontrolle investieren, nicht nur in ein besseres Kartellrecht. Wir müssen die Wirtschaftspolizei mit den Mechanismen ausstatten, die sie braucht, und wir müssen vor allem auch die Staatsanwälte zeitlich entlasten, denn es ist nicht verantwortbar, daß diese teilweise so stark unter Druck stehen, daß persönliche Bindungen in die Brüche gehen. Ich verweise nur auf die Verhandlungen im Zusammenhang mit dem Pyhrn-Skandal.

Es ist egal, ob es sich dabei um die Universale handelt - etwa um den Kraftwerksbau in Ybbs, einem Bundesbauanliegen, bei dem fingierte Rechnungen um 4 Millionen erstellt werden -, wenn das Leben eines Zeugen bedroht wird, dann ist das, bitte, nicht mehr Wirtschaftskriminalität, das ist blanke, brutale Mord- und Totschlagkriminalität!

Die Firmen Porr, Stuag und andere werden untersucht. Es werden derzeit 300 Kartons durchforstet. Da darf man sich nicht so defensiv zurücklehnen, da gilt es, endlich einmal politische Initiativen zu setzen. Wir werden daher einen Untersuchungsausschuß beantragen. Es ist nicht nur eine lückenlose Aufklärung notwendig, es ist nicht nur dieser Untersuchungsausschuß notwendig, sondern es müssen bestehende Kartelle aufgedeckt werden und vor allem die Schäden wiedergutgemacht werden. Wir brauchen eine Neuregelung des Vergaberechtes, der öffentlichen Kontrolle.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Daß das geht, beweisen Ihnen Körperschaften wie zum Beispiel die Stadt Linz, wo, seit solche Machenschaften aufgeflogen sind, ganz korrekte Ausschreibungen laufen (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), die Bieterlisten geheimgehalten werden, das Angebot nicht öffentlich, sondern nur unter Beisein von drei Magistratsstellen geöffnet wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, es tut mir schrecklich leid, aber die Redezeit ist abgelaufen!

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Es geht, Sie müssen nur den Willen dazu haben. Und dieser Wille fehlt, Herr Bundesminister. (Die Rednerin spricht noch einige Zeit ohne Mikrophon weiter. - Beifall bei den Grünen.)

10.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. - Bitte.

10.22

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hätte vorige Woche am Donnerstag, dem 7. Mai, die grüne Fraktion den Wiener Gemeinderat nicht verlassen, sondern dort die politische Diskussion über dieses Thema geführt, dann hätten, Kollegin Moser, Ihre Kolleginnen und Kollegen all das, was Sie jetzt noch sagen wollten, locker sagen können. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Aber das Verhalten der Oppositionsparteien auch im Wiener Rathaus zeigt ja schon sehr deutlich, daß es ihnen anscheinend nicht immer nur um wirkliche Aufklärung und um die Sache geht, sondern vor allem auch - das verstehe ich schon, Herr Kollege - um ein gewisses politisches Theater, das man darum herum inszenieren muß.


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