Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 19

ein normaler Betrieb unter diesen Bedingungen Lehrlinge aufnehmen, dann hätte er es schon längst aufgegeben, als Lehrlingsausbilder tätig zu werden.

Frau Bundesministerin Gehrer! Die Berufsschule war für uns nie als Ersatz der Lehrlingsausbildung gedacht, sondern sie ist ein sehr wertvoller Teil der Berufsausbildung, der dualen Berufsbildung. In der besonderen Situation der vielen Jugendlichen, die es aufgrund der Geburtenentwicklung in unserem Land in den nächsten zwei Jahren auszubilden gilt, sollte das als Mittel eingesetzt werden.

Ich bitte Sie, das auch wirklich zur Kenntnis zu nehmen und nicht immer die Vollzeitschule im Rahmen der Lehrlingsausbildung drohend in den Raum zu stellen. Sie wissen, daß es uns um die Nutzung der Qualität der vorhandenen Schule geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht aber darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß diese selbständigen Ausbildungseinrichtungen auch rasch dort greifen, wo sie notwendig sind, denn die Priorität liegt in den Lehrbetrieben. Die Priorität liegt in den Lehrbetrieben der Wirtschaft, aber wenn es notwendig ist, sollte der Weg über Lehrlingsstiftungen oder selbständige Ausbildungseinrichtungen gegangen werden. Ich würde wirklich bitten, daß Sie sich einmal die entsprechenden Verordnungen hernehmen. Schauen Sie sich diese an! Ich bin überzeugt davon, wenn Sie unter diesen Umständen Lehrlinge ausbilden müßten, würden Sie es aufgeben. Da ist eine Neuordnung am Platz, und das müßte bis zum Sommer möglich sein.

Darüber hinaus ist der nationale Beschäftigungsplan auch ein Ansatz, darüber nachzudenken, wie wir die bereits gefaßten Beschlüsse weiter verbessern können. Das Solidarmodell, die Bildungskarenz sind meiner Meinung nach auch Teile eines nationalen Beschäftigungsplanes. Und ich meine, die größte Herausforderung besteht tatsächlich darin, die Arbeitslosenrate auf annähernd 3,5 Prozent herunterzubringen. Die Arbeitslosigkeit zu reduzieren bei gleichzeitigem Ansteigen der erwerbstätigen Bevölkerung und des Druckes am Arbeitsmarkt ist die größte Herausforderung.

Daher bin ich auch überzeugt davon, so wie beim Euro, daß jeder - wir alle, die wir im politischen Leben stehen, auch jene auf der Besuchergalerie - die Möglichkeit haben wird, mit diesem nationalen Beschäftigungsprogramm zu prüfen, ob es uns tatsächlich gelingt, für jeden Jugendlichen, der länger als sechs Monate arbeitslos oder ohne Ausbildung ist, einen Platz zu schaffen. Gelingt es uns, jedem Mann, jeder Frau, der beziehungsweise die länger als zwölf Monate arbeitslos ist, eine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit oder Bildungsmöglichkeit zu geben?

Ich bin der Ansicht, daß es auch eine große Herausforderung ist, den Anteil der Bildung von 10 auf 20 Prozent zu erhöhen. Es geht nicht nur darum, die Quantität zu steigern. Wir müssen uns auch die Frage stellen: In welche Richtung bilden wir eigentlich aus? - Es geht nicht um das Zwischenparken von Menschen, sondern es geht darum, neue Chancen zu eröffnen und neue Möglichkeiten zu schaffen. Wir haben den Rahmen mit dem nationalen Beschäftigungsprogramm abgesteckt.

Ich glaube, daß wir auch noch weiter daran arbeiten müssen. Im heurigen Sommer wird sich in Cardiff das erste Mal die Chance bieten, sich anzusehen, was die anderen Länder an nationalen Beschäftigungsprogrammen geschaffen haben. Aber eines müssen wir sicherlich tun: die Chancengleichheit für Frauen auch in den nationalen Beschäftigungsprogrammen weiterentwickeln. Ich persönlich glaube, daß wir da noch einiges zu tun haben.

Die Jugend ist zu Recht mit diesem Beschäftigungsprogramm besonders angesprochen worden, denn wir wissen, daß es aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge im heurigen Jahr und auch im nächsten Jahr noch eine große Zahl von Schulabgängern geben wird. Es kann nicht unser Ziel sein, diese Jugendlichen in irgendeiner Form auf der Straße stehen zu lassen, sondern wir müssen sie tatsächlich in Bildung, in Erstbildung bringen. Stiftungsmodelle, andere Formen der Ausbildung sind hier angesprochen.


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