Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 27

schaffung des Krankenversicherungsbeitrages gekostet, sondern beispielsweise auch das Land Oberösterreich einige hundert Millionen Schilling, die nicht zufällig in einem Wahljahr sehr großzügig gegeben wurden, und auch die Gemeinden sehr viel. Überall wurden Kopfquoten, Prämien vergeben, vom Bund, von Ländern und Gemeinden, sodaß man insgesamt sagen kann: Für diese 3 000 zusätzlichen Lehrlinge wurde eine Summe zwischen 2 Milliarden und 3 Milliarden Schilling direkt an die Unternehmen gegeben. (Abg. Steibl: Hätte das nicht gemacht werden sollen?) Das bedeutet eine jährliche Förderung pro Lehrling in der Höhe von 1 Million Schilling. (Abg. Dr. Feurstein: Das ist falsch!) Trotzdem sind noch immer etliche ohne Beschäftigung.

Wir wissen aufgrund der Erfahrungen mit der Lehrlingsaktion aber auch, daß die Unternehmen völlig zu Recht Vorziehaktionen durchgeführt haben. Das heißt, sie haben im Vorjahr Lehrlinge aufgenommen, die sie eigentlich erst im Jahr 1998 aufnehmen wollten. Wegen der günstigen Förderungen von diversesten Stellen - nicht nur aus dem Bereich des AMS, sondern auch von den Ländern und Gemeinden - hat man das jedoch schon im Jahr 1997 gemacht. Und dieser Effekt ist 1998 nicht wiederholbar; das wissen Sie, Herr Kollege Maderthaner, das wissen alle, die sich mit der Materie beschäftigt haben.

Da das ein großes Problem ist, kann man auf folgende "tolle" Erfindung - "toll" unter Anführungszeichen - nicht so stolz sein: Wir müssen uns etwas Neues einfallen lassen! Die Jugendlichen, die eigentlich einen Arbeitsplatz wollen, sollen jetzt mit irgendwelchen Anreizprämien auf der Schulbank verweilen, ohne daß ihnen das Verweilen auf der Schulbank zunächst noch eine sinnvolle Perspektive und Qualifizierung bietet - und das ist das Problem. Teilweise gibt es sie, teilweise würde ich aber bei den Maßnahmen, die für 1998/1999 gesetzt werden, bestreiten, daß sie den Jugendlichen tatsächlich sehr helfen. (Abg. Ing. Maderthaner: Haben Sie Alternativen?)

Herr Kollege Maderthaner! Das Problem ist, daß Sie sich im Interesse von kosmetisch geschönten Zahlen über Realitäten hinwegschwindeln wollen. Es geht zunächst darum, Bilanzen zu präsentieren, die man der Öffentlichkeit zeigen kann, daß man sagen kann: Seht her, was wir gemacht haben! (Abg. Ing. Maderthaner: Warum haben andere Länder keinen besseren Wert?)

Das Problem ist damit aber nur ansatzweise beschrieben, Herr Kollege Maderthaner, denn ein anderer Teil des Problems findet sich beim AMS wieder. Die Kosten für diese Lehrlingsaktion haben ja auf der anderen Seite auch bewirkt, zunächst in Oberösterreich - dazu sage ich: nicht zufällig, denn Wahljahr - und dann - nicht zufällig - in Niederösterreich, daß das AMS, vor allem jenes in Niederösterreich, pleite ist. Es ist kein Groschen mehr für Förderungen vorhanden, der im Jahr 1998 für andere Gruppen, aber auch für Lehrlinge zusätzlich ausgegeben werden könnte. Die Mittel sind bis auf den letzten Heller und Pfennig verbraucht, Herr Kollege Maderthaner! (Abg. Ing. Maderthaner: Was die Ausbildung eines Akademikers kostet, wissen Sie auch, und zwar eines Akademikers, der nachher gar keine Arbeit bekommt!) - Ich weiß es. Ich bin auch bereit, darüber zu reden, Herr Kollege Maderthaner.

Eines sei an dieser Stelle aber schon auch angemerkt: Es genügt nicht, die Jugendlichen einfach nur auf die Schulbank zu setzen und ihnen zu sagen: Es ist immer noch besser, ihr sitzt auf einer Schulbank, als ihr steht auf der Straße! Es wäre schon etwas mehr notwendig, sich nämlich auch über die Interessen dieser Jugendlichen, über ihre Bedürfnisse nach Arbeit, nach sinnvoller Beschäftigung, über ihre Berufswünsche Gedanken zu machen.

Ich habe in den Debatten vernommen - vor allem beim Kollegen Peter ist mir das aufgefallen -, daß es nur noch um die Interessen der Wirtschaft gehe und daß sich die Jugendlichen gefälligst nach dem zu richten hätten, was ihnen die Wirtschaft vorgibt. Das kann es aber nicht sein!

Jeder Mensch - auch jeder Jugendliche - hat ein Recht darauf, eine Ausbildung zu machen, die seinen Bedürfnissen entspricht. (Abg. Ing. Maderthaner: Deswegen gibt es über 200 Lehrberufe!) Sie müssen sich - das ist auch ein Prozeß des Erwachsenwerdens, integraler Bestandteil - damit auseinandersetzen - gemeinsam mit ihren Lehrern -, ob ihre Bedürfnisse durch die Gesellschaft, durch die Wirtschaft befriedigt werden. Aber dieses Recht haben sie.

Und die Gewährung dieses Rechts, meine Damen und Herren, ist nicht allein dadurch abgedeckt, indem man sagt: Schulen besuchen, und wenn ihr fertig seid, müßt ihr zumindest irgend


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