Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 28

einen Job annehmen - auch wenn wir nichts Gescheites für euch haben! Wir haben den Gartencenterkaufmann, den Systemgastronomen, den Sonnenschutzanlagenmonteur als "tolle" neue Berufsbilder in der Lehre entwickelt, weil uns nichts mehr eingefallen ist. Wir haben zwar in den vergangenen Jahren immer wieder davon geredet, daß wir Flächenberufe machen wollen, die eine breite, umfassende Qualifikation ermöglichen, aber letztendlich ist uns eben nur das eingefallen, weil es immerhin eine billige Lehre in manchen Bereichen ist.

Herr Abgeordneter Maderthaner! Sie wissen selbst: Gartencenterkaufmann, Systemgastronom oder Sonnenschutzanlagenmonteur werden nicht die Lehrberufe des Jahres 2000 werden, mit denen wir international renommieren können, hinsichtlich derer uns dann - wie bei den Beispielen, die Sie zu Recht gebracht haben - irgendein ausländisches Wirtschaftsunternehmen fragen wird, ob es vielleicht einen österreichischen Gartencenterkaufmann haben kann. Daß uns irgend jemand unsere Systemgastronomen abnehmen wird, die bei McDonald's in einer billigen Anlehre - mehr ist es eigentlich nicht - ausgebildet wurden, wage ich zu bezweifeln. Aber das ist noch immer nur ein Teil des Problems.

Ich denke, die Jugendlichen haben ein Recht auf Ausbildung, auf sinnvolle Ausbildungsmaßnahmen, und sie haben auch ein Recht auf freie Berufswahl. Wenn wir hier aber nur davon reden - und ich habe nichts anderes gehört; nicht in erster Linie von Ihnen, aber von anderen sehr wohl -, daß sich die Jugendlichen an den Interessen der Wirtschaft zu orientieren haben, und davon, daß die 3 000 Lehrstellensuchenden dann, wenn es nur 3 000 offene Lehrstellen gibt, eben genau diese offenen Lehrstellen besetzen müssen, dann ist das nicht richtig; das wissen Sie auch. Es ist nicht jeder für den Beruf eines Fleischhauers, eines Bäckers - oder wo sonst Stellen frei sind - geboren. Die Jugendlichen haben aber ein Recht darauf, einen ihren Erwartungen entsprechenden Beruf zu finden. Es ist die Frage, ob im Rahmen des Nationalen Beschäftigungsplans tatsächlich Anstrengungen unternommen wurden, um den Jugendlichen dieses ihr Recht sicherzustellen. Ich habe große Zweifel in dieser Hinsicht.

Da ich mich jetzt relativ lange mit der Lehrlingsfrage beschäftigt habe, möchte ich auf einige grundlegende Anmerkungen zu diesem Nationalen Aktionsplan kommen. Frau Bundesministerin Hostasch! Sie haben erklärt, es handle sich um ein sehr umfangreiches und konkretes Programm. Ich muß dazu sagen: Dieses Programm war schon einmal konkreter. Es hat auf diesem Weg zum NAP schon Stufen gegeben, in denen mehr enthalten war. Damals war sehr konkret die Rede von Maßnahmen, Instrumenten, auch von Finanzierungsvorgaben, herausgekommen ist aber letztendlich ein sehr zahnloses Papier, wobei Sie uns in Ihrer Rede jedoch erklärt haben, daß für 1999 ein bißchen zusätzliche Mittel erreicht werden konnten. Aber der NAP endet nicht im Jahr 1999, sondern im Jahr 2002, und ich denke, Sie wissen genauso gut wie ich, daß die Finanzierung über das Jahr 1999 hinaus bei weitem noch nicht gesichert ist. Denn der NAP - und da fängt das Problem an - ist in seinen Grundlagen nur eine bescheidene kosmetische Antwort auf den Stabilitätspakt.

Ich möchte Ihnen die Geschichte dieses Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung in Erinnerung rufen, meine Damen und Herren. Da hat es zunächst den Stabilitätspakt gegeben, der die Regierungen zu strikter Haushaltsdisziplin anleitet. Aber in sehr vielen Mitgliedstaaten der EU wuchs schön langsam, auch bedingt durch die politischen Entwicklungen in diesen Ländern, folgende Erkenntnis: Das kann doch nicht alles sein, was den europäischen Einigungsprozeß ausmacht: daß wir alle zur gleichen Zeit Haushaltsdisziplin üben und dadurch möglicherweise die Beschäftigung noch minimieren, wir müssen doch auch im Beschäftigungsbereich etwas machen! Und es wurde die großartige Idee geboren: Beschäftigungspolitik! Dieses Kapitel im Unionsvertrag, das dann letztendlich herausgeschaut hat, war aber wieder eine etwas zahnlose Antwort, weil sich einige Mitgliedstaaten geweigert haben, tatsächlich Maßnahmen zur Beschäftigungspolitik zu setzen, wie etwa die Bundesrepublik Deutschland unter ihrem Herrn Kohl, an dessen Politik man ja studieren kann, wohin es führt, wenn bei 4,5 Millionen Arbeitslosen keine Beschäftigungspolitik gemacht wird.

Weil sich die Mitgliedstaaten nicht auf eine gemeinsame Beschäftigungspolitik einigen konnten, sind dann diese Nationalen Aktionspläne entstanden. Das ist zunächst einmal der Hintergrund für das, was wir jetzt diskutieren. Sie brauchen sich also nicht stolz auf die Brust zu klopfen, son


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