Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 119. Sitzung / 55

ohne ordentliche Grundausbildung kaum eine Qualifizierungs- oder Umschulungsmaßnahme, denn dann komme ich als behinderter Mensch ohnehin nie in den Arbeitsmarkt hinein. Wenn ich nicht in den "ersten" Arbeitsmarkt hineinkomme, dann wird niemals festgestellt, ob jemand heute begünstigter Behinderter ist, und wenn jemand nicht begünstigter Behinderter ist, dann greifen jene Maßnahmen, die Sie geplant haben, sowieso nicht.

Sie haben es sich besonders einfach gemacht: Sie wollen die Arbeitslosensituation behinderter Menschen ganz einfach aufs Abstellgleis schieben und behinderte Menschen in geschützte Einrichtungen stecken, obwohl Sie wissen, daß für Tätigkeiten in diesen Einrichtungen ein Einkommen von 250 S bis maximal 4000 S monatlich lukriert wird. Wenn man heute weiß, daß man für 250 S bis 4000 S 160 Stunden arbeiten soll, dann wissen Sie auch, daß man sich mit diesem Betrag niemals eine Existenz sichern, geschweige denn eine sozialversicherungs- oder pensionsversicherungsrechtliche Absicherung damit schaffen kann.

Werte Frauen Ministerinnen! Wäre es Ihnen wirklich ernst gewesen, mit Hilfe des Maßnahmenpaketes im NAP Arbeitsplätze für behinderte Menschen zu schaffen, dann müßte dieses Maßnahmenpaket völlig anders aussehen und völlig andere Inhalte haben. Frau Ministerin! Vielleicht können Sie sich vormerken, daß Inhalte insbesondere dahin gehend notwendig sind, daß Bund, Länder und Gemeinden sich nicht mehr von ihrer Einstellungspflicht freikaufen dürfen. - Geehrte Frauen Ministerinnen! Es wäre mir angenehm, wenn Sie mir zuhören würden.

Auch das Behinderteneinstellungsgesetz steht schon seit langer Zeit zur Novellierung an. Diese Maßnahmen, die für behinderte Menschen wichtig sind, müßten zumindest im Behinderteneinstellungsgesetz verankert und dann auch im NAP entsprechend abgesichert werden.

Forderung Nummer 1: Erfüllung der Einstellungspflicht für Bund, Länder und Gemeinden sowie Absage an die Freikaufsmöglichkeit! Sie wissen ganz genau, daß öffentliche Einrichtungen wie Bund, Länder, Gemeinden, Pensionsversicherungsanstalten, Krankenkassen, Kirchen, Kammern sowie staatsnahe Banken und Betriebe ihre Einstellungspflicht bei weitem nicht erfüllen. Ich möchte Ihnen das mit einer Statistik untermauern, die ich aufgrund meiner Anfragebeantwortung ausgearbeitet habe, und Ihnen nur ein paar Daten sagen.

Frau Ministerin Gehrer! Das geht jetzt vor allem an Ihre Adresse: Sie übersehen anscheinend noch immer - oder haben es bereits als gegeben hingenommen -, daß Sie in Ihrem Ressort, im Unterrichtsministerium, 1995 1 200, 1996 1 161 und 1997 1 165 Behinderteneinstellungspflichten nicht erfüllt haben. Sie haben es sich leichtgemacht, Frau Ministerin, und haben für diesen Zeitraum lieber 83 Millionen Schilling an den Ausgleichstaxfonds überwiesen, anstatt auch nur eine einzige behinderte Person einzustellen. Das Unterrichtsministerium ist im Bereich der Ministerien führend in der Nichteinstellung behinderter Menschen.

Aber nicht nur das Unterrichtsministerium erfüllt bei weitem nicht seine Einstellungspflicht: Im Innenministerium, im Verteidigungsministerium und im Wirtschaftsministerium ist es genauso. Wenn die einzelnen Ministerien ihre Einstellungspflicht erfüllen würden, dann wären auf einen Schlag 5 000 behinderte Menschen, die jetzt ohne Beschäftigung sind, in einem arbeitsrechtlichen Dienstverhältnis. Diese Maßnahme könnten Sie sofort setzen, und dies müßte auch im NAP vorkommen. Aber das ist anscheinend nicht Ihr Ziel, sondern Sie schreiben lieber vieles hinein, obwohl Sicherheit darüber besteht, daß es unfinanzierbar ist und daß sich nichts ändern wird. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Der erste Punkt im Maßnahmenpaket des NAP muß die Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht sein. Keine Freikaufsmöglichkeit für Bund, Länder und Gemeinden!

Punkt zwei - auch das darf im Maßnahmenkatalog nicht fehlen -: Vereinheitlichung der Schlüsselzahl für öffentliche und private Dienstgeber! Bund, Länder und Gemeinden haben noch immer das Privileg, daß sie nicht pro 25 Dienstnehmer eine behinderte Person einstellen müssen: Sie haben statt dessen den Sonderstatus, dies erst bei 40 Dienstnehmern tun zu müssen. Das ist eine Ungleichstellung, das muß geändert werden. Die Schlüsselzahl muß vereinheitlicht und auf 5 Prozent gesenkt werden. Wenn Sie dies festschreiben, dann bedeutet dies noch einmal


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