Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine Diskussion, die man in einer vernünftigen Art und Weise führen kann. Am Ende dieses Prozesses sollte, falls sich im Haus eine Mehrheit ergibt, meiner Meinung nach das österreichische Volk damit zu befassen sein. (Abg. Jung: Richtig!) Derzeit ist es jedoch so, daß es verfassungsrechtliche Grenzen gibt, in deren Rahmen wir uns zu bewegen haben, das erfordert auch das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung. Daher sind Erklärungen wie jene im SOFA-Abkommen – an die Adresse des Kollegen Moser gerichtet – durchaus notwendig. (Abg. Jung: Sind sie auch rechtsverbindlich? Das ist das Problem!)
Denn nur weil Kollege Moser sagt, für ihn sei die Neutralität unerheblich, da sie sozusagen überholt sei, ist sie deswegen verfassungsrechtlich nicht abgeschafft, sondern ein existentes österreichisches Verfassungsrecht. Die Bundesregierung und der Nationalrat haben die Aufgabe, im Rahmen einer solchen Erklärung auf die verfassungsrechtlichen Grenzen hinzuweisen.
Man muß also zwischen dem, was erforderlich ist, um die derzeitige verfassungsrechtliche Situation bei einem solchen Abkommen zu berücksichtigen, und der subjektiven politischen Intention der Kollegen Moser, Scheibner und anderer, die über das hinausgehen, was derzeit der Fall ist, unterscheiden. Auf Basis dessen jedoch, was derzeit Verfassungslage ist, ist dieses Abkommen meiner Ansicht nach eine saubere verfassungsrechtliche Umsetzung.
Überhaupt signalisiert die gesamte Teilnahme an "PfP" und in weiterer Folge an "PfP-plus" deutlich die Bereitschaft Österreichs, auf Basis unserer derzeitigen verfassungsrechtlichen Grundlage am internationalen solidarischen Krisenmanagement teilzunehmen, daß wir keine Trittbrettfahrer sind, uns nicht von der internationalen Verantwortung abseilen und im Rahmen unserer Möglichkeiten das tun, was wir für richtig erachten. (Abg. Jung: Wie ist es mit der Gültigkeit im Kriegsfall?) Was den Kriegsfall betrifft, so ist auch in der Erklärung völlig klar, daß in diesem Fall der Neutralität der Vorzug zu geben ist. (Abg. Jung: Warum schreibt man es nicht?)
Was die Ausführungen des Kollegen Wabl betrifft, möchte ich noch zwei Bemerkungen anfügen: Kollege Wabl hat sich mit einer Frage auseinandergesetzt, die ich für eminent wichtig halte. Er hat die Frage gestellt, ob es in Zukunft etwas geben wird, was über die NATO hinausgeht. Denn wenn man nicht will, daß die USA die einzigen sind, die entscheiden, wer oder was gut oder böse ist, so ist die entscheidende Frage, ob es etwas anderes gibt, das den USA eine nicht so dominante Position zugesteht. (Abg. Scheibner: Da mußt du aber Mitglied werden, Herr Kollege!)
Offen gestanden, die einzige Ebene, die ich in diesem Zusammenhang für relevant halte, ist die Herausbildung eines kollektiven Sicherheitssystems in Europa, ausgehend vom Kern der Europäischen Union, und eine globale Kooperation im Rahmen der Vereinten Nationen. Wir beide wissen, daß wir in beiden Bereichen erst am Beginn einer Entwicklung sind, weswegen auch die Argumente in Richtung der NATO manchmal sehr stark klingen, aber das sind meiner Auffassung nach die beiden einzelnen Ebenen, die entwickelbar sind.
Wenn sich nun die österreichische Sozialdemokratie dazu entschlossen hat, vor allem auf dem Sektor der europäischen Verteidigungsidentität und Kooperation Vorschläge zu entwickeln und auf europäischer Ebene zur Diskussion zu stellen, dann sind das in Wirklichkeit die ersten Vorschläge, die mit der Intention gemacht werden, sich nicht alleine etwaigen Diktaten der USA auszuliefern.
Das spricht jedoch nicht dagegen, daß wir auch weiterhin ein vernünftiges Verhältnis mit den USA haben und daß es eine transatlantische Kooperation geben soll. Aber daß sich die Welt in einer Schieflage befindet, wenn es nur einen Hegemon gibt, der nicht darauf Rücksicht nehmen muß, wie sich andere verhalten, erachte auch ich für ungesund. – Daher halte ich eine Verstärkung der europäischen Komponente nicht für eine Drohgebärde oder eine Absage an die transatlantische Kooperation, sondern für einen ganz entscheidenden Schritt zur Herstellung einer vernünftigen Balance in diesem Bereich. (Abg. Jung: Da müssen Sie aber auch erst Mitglied werden!)