Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 16

von der Freiheitlichen Partei in den letzten Tagen als Reaktion auf die Affäre mit ihrem Abgeordneten angekündigt wurde, nämlich die finanzielle Leine, der Vertrag mit den Abgeordneten, der geschaffen werden soll.

Es wäre sicherlich unfair, schon darüber zu reden, was drinnen stehen wird, wenn er noch nicht präsentiert wurde. Man kann ihn daher nur nach den bisherigen Aussagen beurteilen, und nach den bisherigen Aussagen sind jene Sorgen angebracht, die von unserem Klubobmann Dr. Kostelka gestern auch öffentlich dargestellt worden sind. Eine innere Situation eines Abgeordneten, hervorgerufen durch so einen Vertrag: Existenz gegen Eid als Abgeordneter, Geldstrafe gegen Gelöbnis!, darf es nicht geben. Es darf keinen Einschnitt in die Unabhängigkeit eines Abgeordneten geben! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Wähler hat den Auftrag an den Abgeordneten zu geben. Ich weiß, die Parteien spielen eine Vermittlungsrolle, ich weiß, diese Rolle ist manchmal auch übertrieben worden. In Überschätzung dieser Rolle wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht - auch von meiner eigenen Partei -, aber nach all dem, was wir heute wissen, darf es keinen Rückfall geben, der weiter zurückgeht als alles, was andere in der Vergangenheit je gemacht haben. Das wäre der Wähler, der die Kontrolle des Abgeordneten delegiert hat - das Quis custodet würde neu aussehen -, das wäre der Abgeordnete, der - auch in seiner Existenz - zur Marionette seiner Partei geworden ist. Und das wird genau zu betrachten sein, wenn die entsprechenden Vorschläge vorliegen. Die erste Darstellung, die ersten Worte sind dazu angetan, wirklich die größten Sorgen bei uns zu wecken.

Nächste kurze Bemerkung. Als ich heute in der Früh um 8 Uhr im Radio einen Bericht hörte, fiel plötzlich das Wort "Sittenverfall", gesprochen aus dem Mund des Zweiten Präsidenten, Neisser, und ich dachte mir, er spreche zu dem Fall des FPÖ-Abgeordneten Rosenstingl. - Nein, nein! Der "Sittenverfall" galt der Frage, wie die Abgeordneten reagieren, wenn ihnen vom Präsidenten ein Ordnungsruf erteilt wird, wie die tatsächlichen Berichtigungen aussehen et cetera, et cetera. Also die Reaktion von Abgeordneten auf Entscheidungen des Präsidenten waren der Anlaß zur Debatte über einen Sittenverfall in diesem Hause.

Ich glaube, Herr Präsident Neisser wird uns sicherlich - ich weiß, wie diskussionsfreudig er ist - Gelegenheit bieten, mit ihm darüber noch zu diskutieren. Ich möchte von unserer Seite die Bereitschaft zu dieser Diskussion anmelden. Wahrscheinlich wäre es aber möglich, manche dieser Fragen durch die Art und Weise, wie man Vorsitz führt, selbst zu lösen. Wenn zum Beispiel bei einer tatsächlichen Berichtigung das Problem besteht, daß der Abgeordnete nicht mit der Passage, die er zu berichtigen gedenkt, beginnt, dann wäre die Lösung ganz einfach: Nach der Geschäftsordnung müßte der Präsident nicht einmal darum ersuchen, diese Passage zu bringen, sondern er könnte einfach abläuten und dem Abgeordneten, der diese Einleitung nicht gebracht hat, das Wort entziehen. So strikt steht es in der Geschäftsordnung!

Also manche Probleme, die heute in der Früh im Rundfunk als Probleme mit dem Haus dargestellt wurden, sind, glaube ich, durch eine entsprechende Art der Vorsitzführung zu lösen. Ich wollte aber beim Rundfunk nicht anrufen, da wir, wie gesagt, sicherlich andere Gelegenheiten haben werden, mit Herrn Präsidenten Neisser darüber noch zu sprechen.

Der letzte Punkt unsere Arbeit betreffend, den ich erwähnen möchte, Herr Präsident, ist die stärker werdende elektronische Dimension der Arbeit auch eines Politikers. Ich bin sehr froh über all die Möglichkeiten, die in den letzten Jahren hier im Parlament geschaffen worden sind. Es ist dies aber ein Bereich, wo man nicht innehalten kann, sondern sich immer weiterentwickeln muß, um auf der Höhe der Zeit und der Möglichkeiten zu bleiben. Es wäre daher zu überlegen, ob in die Daten, die an die Abgeordneten weitergegeben werden, nicht manche Präsidialbeschlüsse, Termine, Besuche im Haus und anderes hineingenommen werden könnten, ob in das Programm nicht die einzelnen Abstimmungen aufgenommen werden könnten - was zur Abstimmung steht, welche Mehrheiten erforderlich sind -, um den Abgeordneten ihre Arbeit zu erleichtern. Es wäre zu überlegen, ob es nicht möglich sein sollte, daß sie nicht bloß hier im Haus Zugriff auf manche Information haben, sondern daß sie über das nun mögliche


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