Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 39

Das findet vor dem Hintergrund einer kleinen Bestimmung statt, die von der Bundesregierung offenbar unter der Überschrift "Zugang zum Recht" geschaffen wurde. Sie ist zwar ziffernmäßig für das Budget noch nicht einmal relevant, aber für die betroffenen Beschwerdeführer. Es geht nämlich um eine 2 500-S-Hürde für Beschwerden bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes. Sie wissen ganz genau, daß Sie das nicht deswegen eingeführt haben, um das Budget zu sanieren, sondern um die Zahl der Beschwerden zu reduzieren.

Es ist grundsätzlich durchaus ein legitimes Interesse, die Zahl von Beschwerden bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts eher zu reduzieren, als sie hoch zu halten. Das kann man aber nur dann machen, wenn man die Ursachen für die Beschwerden behebt - und nicht, indem man finanzielle Hürden vor die Beschwerden baut. Daß die Bundesregierung den Weg geht, Beschwerdeführer dadurch an der Beschwerdeführung zu hindern, indem sie eine finanzielle Hürde einbaut, sagt doch alles über die Gesinnung der Bundesregierung; im übrigen auch zur Verwaltungsreform.

Weil hier die Verwaltungsreform schon mehrfach angeschnitten wurde, gehe ich bewußt noch einmal darauf ein: Die AVG-Novelle, die Novelle zu den Allgemeinen Verfahrensgesetzen, ist schon ein positiver Schritt gewesen. Das genügt aber nicht, man muß sich auch mit der Aufbau- und Ablauforganisation der Bundesbehörden befassen. Wir brauchen ein neues Bundesministeriengesetz. Wir brauchen endlich auch Begrifflichkeiten wie Projektorganisation in der öffentlichen Verwaltung, nicht nur Linienorganisation. Wir müssen begleitende Effizienzkontrollen in der öffentlichen Verwaltung zum Regelfall machen, nicht ab und zu einmal.

Solange so etwas nicht geschieht, solange die Bundesregierung nicht dazu bereit ist, moderne, auch Management-tools im Rahmen der öffentlichen Verwaltung einzusetzen, so lange ist sie völlig unglaubwürdig, was ihren Anspruch auf Verwaltungsreform betrifft.

Dazu kommt, daß die Fülle der immer mehr werdenden Gesetze natürlich kein Beitrag zur Verwaltungsreform ist: Je mehr Gesetze in die Verwaltung hineingestopft werden, die nach den Grundsätzen des Rechtsstaates natürlich auch vollzogen werden müssen, desto mehr überlastet man das System, ohne Aufbauorganisationsreform, ohne Ablauforganisationsreform und ohne begleitende Kontrolle. Außerdem kommt hinzu, daß Gesetzestexte beschlossen werden, die unverständlich sind. Der den Gesetzen unterworfene Bürger weiß nicht einmal ganz genau, wenn er bestimmte Vorschriften liest, was er eigentlich tun soll. Also das ist keine Verwaltungsreform!

Verwaltungsreform sind nicht nur Dienstposten und Stellenpläne, sind nicht nur Dienstrechte, wo auch einiges zu geschehen hätte, sondern Verwaltungsreform ist vor allem die Aufgabe, sich zu besinnen, was man mit welchen Mitteln und zu welchem Zweck zu tun hat. Und da geschieht de facto nichts. Ab und zu wird etwas ausgegliedert, und damit wird es versteckt, aber ob es dabei zu einer Ablaufreform kommt, das lassen wir offen.

Ich erinnere etwa an das langjährige Vorhaben der Bundesregierung, die drei Wetterdienste, die wir in dieser Republik haben, auszugliedern und zusammenzuführen. - Bis heute ist nichts geschehen! Die Austro Control, das frühere Bundesamt für Zivilluftfahrt, wurde ausgegliedert, in eine GesmbH verwandelt und macht Wetterdienst für den Flugverkehr. Aber es gibt auch einen militärischen Wetterdienst. Interessant. Und es gibt das Bundesamt für Meteorologie. Und alle drei machen im Prinzip dasselbe. Glauben Sie mir: Das Wetter in St. Pölten und in Zell am See ist völlig dasselbe - gleichgültig, ob es militärisches Personal, Austro-Control-Personal oder Personal von der Meteorologischen Versuchsanstalt registriert, mißt und protokolliert. Nur die Personalkosten sind teilweise völlig asymmetrisch. Wenn Sie als junger Meteorologe oder junge Meteorologin mit vielleicht ein oder zwei Berufsjahren bei der Austro Control beginnen, dann werden Sie feststellen, daß Sie da mit sehr sympathischen Anfangsgehältern rechnen können, weit jenseits der 30 000 S. Wenn Sie aber das Pech haben, daß Sie zur Meteorologischen Versuchsanstalt kommen, werden Sie als voll ausgebildeter Meteorologe mit Berufserfahrung feststellen, daß Sie froh sein müssen, wenn Sie mit Ihrem Anfangsgehalt die 20 000-S-Hürde


Vorherige SeiteNächste Seite
Seite 1