Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 127

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das vorliegende Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geht auf diese Problematik in keiner Weise ein. Ich erinnere an die Rosenstingl-Problematik, und ich erinnere an den Fall Kohlmayr in Salzburg mit einem Schaden von 800 Millionen Schilling. Doch in diesem Entwurf eines Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes vermisse ich den Schutz für den Konsumenten und den Schutz für den Anleger.

Herr Bundesminister! Ich darf Sie ersuchen, Ihren Einfluß dahin gehend geltend zu machen, damit dieser Entwurf in der vorliegenden Form im Ministerrat nicht beschlossen wird. Es geht um mehr Sicherheit für Konsumenten, es geht aber auch um mehr Sicherheit für die seriösen Kanzleien der Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater. Dafür sollten wir uns einsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.05

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor zirka zwei oder drei Monaten wurde in den Medien über einen Fall in Bad Goisern berichtet, in dem ein ganzer Ort vor einem offensichtlich Geisteskranken gewarnt hat, der möglicherweise immer wieder andere bedroht hatte. Es wurde gefragt: Muß etwas passieren, daß etwas passiert? Warum werden diese Menschen nicht behandelt?

Es gab einen weiteren Fall in Favoriten: Dort wurde eine Oma, die gerade mit ihrem Enkelkind zu einer Tanzstunde ging, von einem völlig Unbekannten niedergestochen. Danach hat sich herausgestellt, daß dort der zuständige Primar, der diesen Patienten schon öfters behandelt hatte, dem Unterbringungsgesetz die Schuld daran gegeben hat. Er sagte, es sei heute unmöglich, Menschen gegen ihren Willen länger zu behandeln. – Versuchen Sie einmal, sich in die Position eines Opfers hineinzuversetzen! Wenn Sie auf der Straße plötzlich niedergestochen werden, ist das nicht gerade lustig.

Wir haben dann eine Enquete abgehalten, um die Erfahrungen mit sieben Jahren Unterbringungsgesetz einmal für uns Revue passieren zu lassen und vielleicht auch mögliche Änderungen einzubringen. Es hat sich herausgestellt, daß nicht die Zahl der kriminellen Delikte das Hauptproblem ist – auch wenn diese in medialer Hinsicht äußerst dramatisch sind –, viel schwerwiegender ist das Problem der Nichtbehandlung. Diese Patienten werden nicht behandelt, sondern nur "anbehandelt". Anschließend verwahrlosen sie irgendwo und werden von unserer Gesellschaft gnadenlos ausgegrenzt. Das kann ich als praktischer Arzt, der damit zu tun hat, durchaus sagen.

Ein weiteres Phänomen zeigt sich in Form der sogenannte Drehtürpsychiatrie: Leute kommen, werden kurz behandelt, einen Monat später kommen sie wieder und werden neuerlich kurz behandelt. Stellen Sie sich zum Vergleich vor, Sie würden einem Herzinfarkt-Patienten ein Aspirin in die Hand drücken und nach zwei Tagen sagen: Gehen Sie heim, es ist nicht mehr akut! – Dasselbe Problem finden Sie oft auch im Fall von psychisch Kranken vor.

Seht stutzig hat uns auch gemacht, daß die Belegschaft von Justizanstalten deponiert hat: Wir sind nicht dazu da, in den Justizanstalten immer mehr psychisch abnorme Straftäter zu betreuen, die eigentlich gar nicht zu uns in den normalen Strafvollzug gehören. Wir sind keine Psychiater.

Weiters hat Herr Professor Schanda, der ärztliche Leiter der Justizanstalt Göllersdorf, erklärt: Seit dem Unterbringungsgesetz gibt es wesentlich mehr Leute, die dort nicht tage-, sondern jahrelang als geistig abnorme Rechtsbrecher behandelt werden müssen, weil sie straffällig werden.

Fazit der gesamten Veranstaltung war, daß eigentlich nicht so sehr das Gesetz bekrittelt wurde. Es wurde auch nicht vordringlich gefordert, daß man das Gesetz per se ändert, sondern es


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite