Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 10

Weiters heißt es im § 11 Absatz 4 der Geschäftsordnung:

"Dauert die Verhinderung jedoch 30 Tage oder länger, hat der betreffende Abgeordnete dies dem Präsidenten schriftlich unter Angabe des Grundes mitzuteilen. Ist eine solche Verhinderung nicht durch Krankheit begründet, hat der Präsident den Sachverhalt dem Nationalrat bekanntzugeben. Wird gegen die Triftigkeit des Grundes eine Einwendung erhoben, hat der Nationalrat ohne Debatte zu entscheiden, ob der Abgeordnete aufzufordern ist, unverzüglich an den Sitzungen des Nationalrates wieder teilzunehmen."

Demnach ist zunächst zu klären, ob die im Schreiben von Herrn Rechtsanwalt Dr. Zanger angeführten Gründe für das über 30 Tage hinaus andauernde Fernbleiben des Herrn Abgeordneten Peter Rosenstingl von den Sitzungen des Nationalrates als ausreichend begründet erscheinen oder ob gegen die Triftigkeit der im Schreiben des Herrn Rechtsanwaltes Dr. Zanger angeführten Gründe Einwendungen erhoben werden.

Das Schreiben von Herrn Anwalt Dr. Zanger habe ich allen Klubvorsitzenden unverzüglich in Photokopie zugestellt und darüber hinaus allen Mitgliedern des Nationalrates nach Vervielfältigung zustellen lassen.

Werden Einwendungen erhoben, so hat der Nationalrat ohne Debatte zu entscheiden, ob Abgeordneter Rosenstingl aufzufordern ist, unverzüglich an den Sitzungen des Nationalrates wieder teilzunehmen.

Da mir solche schriftliche Einwendungen vorliegen, und zwar von Herrn Klubobmann Dr. Kostelka, von Herrn Klubobmann Dr. Khol und vom geschäftsführenden Klubobmann Mag. Zanger (Heiterkeit) - Entschuldigung, ich habe mich verlesen! -, von Mag. Stadler, und zwar Einwendungen gegen die Triftigkeit der im Entschuldigungsschreiben des Herrn Dr. Zanger angeführten Gründe, hat der Nationalrat demnach gemäß § 11 Absatz 4 ohne Debatte zu entscheiden, ob an Herrn Abgeordneten Rosenstingl die an dieser Stelle des Geschäftsordnungsgesetzes vorgesehene Aufforderung zu richten ist, "unverzüglich" an den Sitzungen des Nationalrates wieder teilzunehmen.

In diesem Sinne unterbreite ich daher dem Nationalrat diese Entscheidung und ersuche jene Abgeordneten, die dafür eintreten, an Herrn Abgeordneten Rosenstingl die im § 11 Absatz 4 der Geschäftsordnung vorgesehene Aufforderung zu richten, um ein Zeichen der Zustimmung. - Dies ist einstimmig so beschlossen worden.

Damit wurde also den Einwendungen Rechnung getragen und die Triftigkeit der geltend gemachten Gründe vom Nationalrat verneint.

Daher richte ich nunmehr im Sinne dieser Entscheidung des Nationalrates an den Herrn Abgeordneten Rosenstingl von dieser Stelle aus die Aufforderung, unverzüglich an den Sitzungen des Nationalrates wieder teilzunehmen, und fordere ihn im besonderen gemäß § 2 Absatz 1 Ziffer 2 der Geschäftsordnung öffentlich auf, binnen weiterer 30 Tage im Plenum des Nationalrates zu erscheinen oder seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

Ich verweise in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Möglichkeit, daß andernfalls an den Verfassungsgerichtshof ein Antrag auf Mandatsverlust gemäß Artikel 141 Absatz 1 lit. c der Bundesverfassung gestellt werden kann.

Weiters verweise ich auch darauf, daß der Hinweis auf die Unschuldsvermutung im vorliegenden Fall ohne Relevanz ist, weil ein Verfahren nach § 2 Absatz 1 Ziffer 2 der Geschäftsordnung in Verbindung mit Artikel 141 Absatz 1 lit. c der Bundesverfassung das Vorliegen eines strafbaren Tatbestandes nicht voraussetzt.

Diese Aufforderung wird noch heute dem Rechtsvertreter des Herrn Abgeordneten Rosenstingl zugestellt werden, nachdem dieser in seinem Schreiben an die Parlamentsdirektion mitgeteilt hat, daß er von Herrn Peter Rosenstingl bevollmächtigt wurde, sämtliche Schriftstücke, die vom Parlament an seinen Mandanten gerichtet werden, für ihn in Empfang zu nehmen.


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