Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 26

Sie sprechen ständig von einer Gründerwelle. Die Gründerwelle in Österreich sieht folgendermaßen aus: Im ersten Quartal 1998 haben wir 12 Prozent weniger Unternehmensgründungen gehabt. Ich werde Ihnen auch den Grund dafür nennen: Wenn Sie in den USA ein Unternehmen gründen wollen, dann brauchen Sie 10 Dollar und 10 Minuten dafür. Bei uns braucht man Zigtausende Schilling für die Kammern, dann braucht man durchschnittlich acht Monate bis zur Bewilligung, mindestens 30 Formulare, drei Rechtsanwälte, zwei Wirtschaftstreuhänder - und zuletzt braucht man einen Arzt, weil man dann fix und fertig ist. Das ist die Realität, wie sie sich bei uns derzeit darstellt!

Daher tun Sie nicht immer so, als würden Sie Maßnahmen setzen! Sie sprechen immer von der Zukunft und davon, was alles kommen wird. Warum setzen Sie nicht ein Zeichen, ein deutliches Zeichen, das Ihre Bereitschaft zeigt, den Faktor Arbeitskosten zu senken? - Senken Sie die Lohnsteuer, Sie werden damit sichere Arbeitsplätze schaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. Gleiche Redezeit. - Bitte.

12.10

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! In dieser Debatte sollten zwei Rahmenbedingungen außer Streit gestellt werden, die dann Ausgangspunkt für eine Diskussion sein können.

Erste Rahmenbedingung: Die Beschäftigungspolitik, die die österreichische Bundesregierung betrieben hat, ist ausgesprochen erfolgreich. Wir haben weniger als die halbe Arbeitslosenrate anderer EU-Staaten.

Zweite Rahmenbedingung: Auch die Budgetpolitik ist erfolgreich. Wir haben das Konsolidierungsziel nachhaltig erreichen können.

Diese beiden Rahmenbedingungen geben uns die Gewähr, daß es überhaupt eine Steuerreform geben kann, daß diese Steuerreform überhaupt spruchreif wird. Aber diese Steuerreform muß natürlich im Rahmen des Konsolidierungskurses und im Rahmen des Konsolidierungszieles stattfinden. Wir sind alle für diesen Konsolidierungskurs eingetreten, er ist erfolgreich durchgeführt worden, er ist nachhaltig, und wir wollen ihn nicht gefährden.

Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen haben überhaupt nichts davon, wenn zum Beispiel Steuern gesenkt werden, aber dann in einer zweiten Etappe aufgrund einer überschießenden Steuersenkung Sozialausgaben gekürzt werden müssen. Davon hat niemand etwas. Daher muß die Steuerreform im Rahmen des Konsolidierungszieles ihren Platz finden.

Aber - und das ist auch wichtig zu erwähnen - im Rahmen dieses Konsolidierungszieles muß an erster Stelle die Lohnsteuerreform stehen, und zwar deswegen, weil die Reform der Lohnsteuer auch tatsächlich neue Nachfrage schaffen kann. Wenn wir uns den jetzigen Konjunkturverlauf anschauen, dann erkennen wir, daß die Konjunktur insbesondere von Investitionen und Exporten getragen wird und daß der private Konsum etwas hintennachhängt. Daher ist es wichtig, diesen privaten Konsum anzukurbeln. Es ist ganz einfach die beste Wirtschaftsförderung, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmungen, die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen zu erhöhen. Das ist für kleine und mittlere Unternehmungen viel wichtiger als alle Steuerbegünstigungen, die irgend jemandem einfallen mögen.

Man muß in diesem Zusammenhang sagen, daß das Familienpaket immerhin 12 Milliarden Schilling bringt, die ja auch unmittelbar in den privaten Nachfragebereich hineingehen werden.

An erster Stelle innerhalb einer möglichen Steuerreform muß also die Lohnsteuer stehen, aber nicht nur deswegen, weil sie wichtig ist und weil durch die Nachfragewirkung auch Arbeitsplätze geschaffen werden können, sondern auch, weil das fair ist. Die Lohnsteuer ist nämlich - über einen längeren Zeitraum betrachtet - viel rascher gestiegen als etwa die Gewinnsteuern. Wir haben seit 1990 ein Wachstum der Lohnsteuer von 95 Prozent und eines der gewinnabhängigen


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