Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 33

Einstellungspflicht erfüllt haben, daß alleine das Unterrichtsministerium in den letzten drei Jahren 83 Millionen Schilling dafür bezahlt hat, um sich von behinderten Menschen freizukaufen? (Abg. Mag. Guggenberger: Reden Sie bitte auch vom Sozialministerium!)

Frau Ministerin! Wenn Sie glauben, daß Sie mit 2 000 S Strafe im Monat irgend jemanden dazu bewegen können, behinderte Menschen einzustellen, dann leben Sie in der falschen Realität. Daß dem nicht so ist, sehen Sie ja daran, daß sich die Behindertenarbeitslosigkeit in den letzten Jahren nicht verringert hat, sondern jährlich massiv steigt und bereits die 40-Prozent-Grenze überschritten wurde. 40 Prozent der begünstigten behinderten Menschen sind in Österreich arbeitslos. Frau Ministerin! Das muß Ihnen doch zu denken geben, und da sind Sie gefordert, etwas zu tun. Aber die "Freikaufsprämie" in der Höhe von 2 000 S zu belassen, ist sicher der falsche Weg, denn damit können Sie niemanden dazu bewegen, einen behinderten Menschen einzustellen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber Sie haben sich ja jetzt etwas Neues einfallen lassen, Sie nennen es "integrative Betriebe". In Wirklichkeit sind es geschützte Werkstätten, in denen die Menschen um 200, 300 S arbeiten müssen. Wenn das Integration ist, dann weiß ich nicht, wovon Sie reden. (Bundesministerin Hostasch: Das stimmt doch nicht, Frau Kollegin!) Wenn Sie GesmbHs meinen, dann schreiben Sie es dazu, aber in geschützten Werkstätten arbeiten Menschen zum Nulltarif, ohne sozialversicherungsrechtliche Absicherung und ohne eine Möglichkeit, Arbeitslosengeld oder irgendwelche anderen Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. (Abg. Reitsamer: Das stimmt überhaupt nicht! Woher nehmen Sie denn das?) Die paar Menschen, die im Rahmen einer GesmbH arbeiten können, können Sie wirklich ganz schnell zählen, alle anderen arbeiten im Rahmen von Beschäftigungstherapie und bekommen im Monat nicht einmal einen Lohn, der die Geringfügigkeitsgrenze erreicht.

Das ist die Realität, und Sie sind nicht dazu bereit, diese Realität anzuerkennen, sondern Sie betreiben seit Jahren massive Realitätsverweigerung (Abg. Mag. Guggenberger: Sie sind das!) und haben auch jetzt noch den Mut, das weiterhin durchzuziehen. (Abg. Reitsamer: Sie erkennen die Realität nicht an!) Das ist ja wirklich ein Zustand, der schön langsam nicht mehr tragbar ist, Frau Ministerin. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dem Sozialfonds ist das auch so eine Sache: Sie fördern über den Sozialfonds Betriebe, die die Voraussetzungen dafür überhaupt nicht erfüllen. Frau Ministerin! Sie wissen, daß der Europäische Sozialfonds ausschließlich dazu bestimmt ist, integrative Maßnahmen für behinderte Menschen zu setzen, und nicht dazu, geschützte Werkstätten mit dem Einkommen, das ich vorhin erwähnt habe, zu erhalten und auszubauen. Das ist eine mißbräuchliche Verwendung der Mittel, und das werden wir uns nicht länger gefallen lassen, Frau Ministerin!

Ich könnte noch seitenweise Bereiche aufzählen, in welchen Sie nicht nur in den letzten Jahren gewaltig versagt haben, sondern immer noch versagen und überhaupt nicht dazu bereit sind, nur annähernd etwas zu ändern.

Zum Beispiel: Sie haben voriges Jahr beschlossen, daß geringfügig Beschäftigte auch einen Sozialversicherungsbeitrag zu bezahlen haben. (Abg. Reitsamer: Gott sei Dank!) Das ist gut und wichtig. Das war auch eine Forderung der Grünen. Diese haben Sie nun endlich umgesetzt. Doch jetzt kommt das große Aber: Behinderte Menschen müssen Sozialversicherungsbeiträge bezahlen, obwohl es seit Jahren keine Anpassung des Pflegegeldes gibt. Sie haben damit de facto das Pflegegeld weiterhin reduziert. Aber das ist Ihnen anscheinend völlig egal, denn Ihr Blick richtet sich nur darauf, daß man geschützte Werkstätten und Heime ausbaut, und nicht darauf, daß Menschen selbstbestimmt in ihrer eigenen Wohnung leben können. Das kümmert Sie aber nicht, sondern Sie wollen altbewährte Strukturen, die seit 50 Jahren überholt sind, mit aller Kraft aufrechterhalten und haben nicht den Mut, neue Wege in der Behindertenpolitik zu gehen. (Beifall bei den Grünen)

Frau Ministerin! Jetzt komme ich zum letzten Punkt, den ich noch anschneiden möchte. Letzte Woche haben wir im Sozialausschuß das Thema der Blindenführhunde, Assistenzhunde und Begleithunde erörtert. Sie wissen, daß dieses Thema seit Jahren zur Behandlung ansteht. Aber


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