Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 52

Vorlehre von zwei Jahren im ersten Lehrjahr wieder mit dem Gehalt des ersten Lehrjahrs einsteigt. Wenn man diese Qualifikation, die der Jugendliche fast fünf Jahre mitnimmt, als Chance bezeichnet, dann ist das wahrlich eine Zumutung!

Zweitens: Natürlich ist es gut, wenn Jugendliche in Ausbildungslehrgängen oder in Stiftungen untergebracht und unterrichtet werden. Es ist besser, als wenn man keinerlei Vorkehrungen für sie trifft. Sie müssen mir aber erklären, meine Damen und Herren, warum Jugendliche in Ausbildungslehrgängen im Unterschied zu den Jugendlichen in den Stiftungen bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen: Für den Lehrgang ist der positive Abschluß der achten oder neunten Schulstufe Voraussetzung, während für die Stiftung die Absolvierung der Schulpflicht 1998 und 1999 Voraussetzung ist. Das heißt: Sie wollen gar nicht die Jugendlichen, die jetzt schon auf der Straße stehen, unterbringen, insbesondere die Jugendlichen, die jetzt die achte oder neunte Schulstufe ohne positiven Erfolg absolviert haben oder vielleicht schon ein oder zwei Jahre warten. Die interessieren Sie überhaupt nicht!

Diese Jugendlichen können weder in einem Ausbildungslehrgang noch in einer Stiftung untergebracht werden. - Haben Sie das bedacht, als Sie diese "wunderbare" Novelle zusammengezimmert haben und diese eigenartigen Unterschiede zwischen Ausbildungslehrgängen und Stiftungen konstruiert haben? Haben Sie irgendwann während der Entstehung dieses "wunderbaren" Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes diese Zusammenschau der Ministerien betrieben, von der Sie jetzt so groß reden und die die Grundlage dieses Gesetzes bilden soll? Haben Sie das wirklich ernsthaft betrieben? Das können Sie doch nicht ernst meinen!

Meine Damen und Herren! Nächster Punkt: das Procedere. Wir haben das schon im Ausschuß diskutiert, und Kollegin Schaffenrath hat bereits sehr deutlich darauf hingewiesen: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das diesbezüglich federführend ist, entscheidet nicht allein, sondern in Zusammenarbeit mit zwei weiteren Ministerien. Da sich aber - wie wir aus der Praxis wissen - drei Ministerien miteinander in der Regel nur schwer zu Entscheidungen durchringen, geht die Entscheidungsfindung auf die nächstniedrigere Instanz, die Landesprojektgruppen, über. Da aber auch die Landesprojektgruppen Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung haben, dürfen sie sich zur Beratung über ihre Entscheidungen bestimmter Beratungsinstitutionen, die in der Regel - wie ich jetzt einmal blauäugig annehme - sozialpartnerschaftlich bestimmt sind, bedienen, die ihnen dann bei der Entscheidungsfindung helfen. Falls diese Landesprojektgruppen dennoch nicht zu einer Entscheidung kommen, geht das Ganze wieder retour an die drei Ministerien. Falls diese zu einer Entscheidung kommen, die von einer bestimmten Relevanz ist, dann mischt sich auch noch das Finanzministerium ein und entscheidet mit. Das ist der Entscheidungsweg, wie diesen 4 000 Jugendlichen eine Ausbildung vermittelt werden soll!

Meine Damen und Herren! Irgendwo muß es auch Grenzen geben. Das ist ein Muster an bürokratischen Auswüchsen, die Sie den Jugendlichen in Ihrer eigenen Entscheidungsunfähigkeit als Bundesregierung aufgebrummt haben, offensichtlich weil Sie sich nicht mehr anders zu helfen wissen. Das ist noch das Beste, was man darüber sagen kann. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Ich möchte noch eine Anmerkung machen, obwohl das jetzt nicht unmittelbar zur Debatte steht, aber im Zusammenhang mit den Maßnahmen, die im NAP getroffen worden sind, eine große Rolle spielt: Es wird immer wieder von den großen Chancen für die Jugendlichen gesprochen, die jetzt aufgrund der neuen Berufsbilder, die Sie ausgearbeitet haben, offenstehen. Und in allen Versprechungen in diesem Zusammenhang kommt immer wieder auch das Wort "Flächenberufe" vor. - Meinen Sie wirklich, daß etwa der Beruf des Systemgastronoms und der Systemgastronomin, des Sonnenschutzanlagenmonteurs und der Sonnenschutzanlagenmonteurin oder des Gartencenterkaufmanns ein Flächenberuf ist, also ein Beruf, mit dem der oder die Jugendliche tatsächlich Chancen hat, auch in andere Berufsfelder überzuwechseln? Oder meinen Sie damit vielleicht eher, daß es eine sehr flache Jugendlichen- und Berufspolitik ist, die Sie in diesem Gesetz und auch im NAP in den letzten Monaten entwickelt haben?

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr dafür, daß Sie Maßnahmen, auch gemeinsam mit der Opposition, setzen. Ich habe aber sehr viel dagegen, daß Sie es sich so einfach machen und


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