Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 85

der Keule des Strafrechts auf junge Menschen losgegangen worden ist. (Abg. Dr. Khol: Herr Hofrat! - Abg. Dr. Kostelka - in Richtung des Redners -: Hör nicht auf ihn!)

Das ist das einzige, was ich in dieser Debatte sehr differenziert, sehr leidenschafts- und emotionslos zu bedenken geben möchte. - Im übrigen aber sind wir der Meinung, daß das Suchtmittelgesetz, so wie wir es damals beschlossen haben, und die damals geltenden Prinzipien heute und auch in Zukunft ihre Gültigkeit haben. Für uns gibt es nichts daran zu rütteln. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann. - Bitte, Frau Doktor.

23.01

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Haidlmayr hat eine Gesetzesnovelle für das Recht des Patienten auf den Arztbrief gewünscht. Das ist nicht nötig, denn das Recht des Patienten auf den Arztbrief und die Einsicht in die Krankengeschichte ist schon lange gesetzlich fixiert.

Nun zu meinem eigentlichen Thema: Die Freigabe von Cannabis und die Abgabe von Heroin auf Krankenschein lehnen wir von der SPÖ aus Verantwortungsbewußtsein für die Jugend ab. Cannabis mag in einigen wissenschaftlichen Arbeiten als ungefährlich gelten; andere Arbeiten beweisen hingegen das Gegenteil. Es ist unwahrscheinlich, daß eine psychotrope Substanz keine Rezeptorbindung eingeht oder Veränderungen hervorruft.

Alkohol und Nikotin sind gesundheitsgefährdende Suchtmittel; neue freizugeben, ist der falsche Weg. Kein Alkohol- und Nikotinabhängiger wird auf seine Droge verzichten, aber mehr Menschen werden abhängig werden. Junge Menschen müssen lernen, Frustration zu verarbeiten und nicht in eine Traumwelt auszuweichen. Das ist zwar unbequem, aber zukunftsweisend. (Abg. Mag. Kukacka: Sehr gut! Das ist meine Meinung!)

Zurückkommend auf die medizinische Wirkung, ist folgendes festzuhalten: Eine gewisse Wirksamkeit bei ausgewählter Indikation ist zwar vorstellbar, beweisbar aber nur mit Studien und nicht mit Haschischrauchen. Viele beschuldigen Mediziner, leichtfertig mit Medikamenten am Patienten zu experimentieren - in diesem Falle fordern sie es sogar.

Soviel mir bekannt ist, wird in einer AKH-Studie die Wirksamkeit von Tetrahydrocannabinol - von THC - ausgetestet. Kein Politiker hindert Ärzte daran, Studien zu beantragen, mittels derer die Therapie eines bestimmten Wirkstoffes in definierter Menge für ausgewählte Indikationen erforscht wird. Da Heroin aggressionserregend wirkt, ist es bei uns kein zugelassenes Medikament; weil es aber stark Hustenreiz stillend ist, ist es mancherorts für Patienten mit Bronchuskarzinom im Endstadium und bei TB zugelassen.

Morphinderivate sind jedoch zur Verhinderung physischer und psychischer Entzugserscheinungen austauschbar. Intravenös angewendetes Heroin führt zu rascher Anflutung des Gehirns; das wirkt suchtfördernd. Orale Opiate - wie beim Methadon-Programm - fluten langsam an, haben ein geringeres Suchtpotential, ermöglichen eher die soziale Integration und Berufstätigkeit und verhindern das Infektionsrisiko durch Injektionsnadeln.

Meine Damen und Herren! Die derzeitige Gesetzeslage mit dem Prinzip "Helfen statt Strafe" ist gut. Der opportunistischen oder auf therapeutischer Bequemlichkeit beziehungsweise Nihilismus beruhenden Forderung nach Freigabe von Cannabis beziehungsweise Heroin als Medikament für Abhängige wird meine Fraktion, da ihr die Jugend und sozial Schwächere am Herzen liegen, nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen zu diesen Punkten nicht vor. Diese Debatte ist geschlossen.


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