Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 36

10.21

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Grünen werden heute drei Berichten beziehungsweise Vorlagen zustimmen, dem vierten Bericht jedoch nicht. Was das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz betrifft, so glauben wir, daß es einmal angesagt wäre, grundsätzlich die Struktur beziehungsweise das Verhältnis zwischen Kontrollbank und den beteiligten Banken zu besprechen, von den Organen der Kontrollbank beziehungsweise der Besetzung der Organe bis hin zu der eigenartigen Situation, daß ja die Kontrollbank in bezug auf die Abwicklung der Ausfuhrfinanzierung immer auf die Banken angewiesen ist.

In den anderen Bereichen allerdings stimmen wir zu. Ich möchte zu Beginn auf Herrn Krüger eingehen, weil die Einführung des Euro ja doch eine wichtige Sache ist, ebenso wie das von der FPÖ eingeleitete Volksbegehren.

Herr Dr. Krüger! Sie sind doch Rechtsanwalt, und insofern hat es mich etwas erstaunt, daß Sie zwar zu Punkt 4 der heutigen Tagesordnung betreffend die Bürgerinitiative zur Wiederholung der EU-Volksabstimmung gesagt haben, man müsse einmal akzeptieren, was der Souverän beschlossen hat, und man könne nicht ewig Abstimmungen wiederholen, bis das herauskommt, was man gerne hätte. (Abg. Dr. Krüger: "Der Schilling bleibt erhalten!" hat man damals gesagt!) Hat man gesagt, aber Sie als Anwalt und als gutinformierter Staatsbürger - das nehme ich einmal an - mußten natürlich ebenso wie ich wissen, daß mit der Volksabstimmung 1994 das Schicksal des Schillings besiegelt war. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Daß die Regierungspropaganda dieses Faktum nicht gerade in den Vordergrund gestellt hat, diesbezüglich gebe ich Ihnen ja vollkommen recht. Auch ich habe mir Äußerungen von Staatssekretär Ditz oder Äußerungen der damaligen Nationalbank-Präsidentin Schaumayer notiert, die in der Tat zumindest stark irreführend waren. Aber nichtsdestoweniger mußte jedem, der einigermaßen über den Maastricht-Vertrag informiert war, klar sein, daß ein Land wie Österreich, das sich keine Escape-Klauseln oder Opting-out-Klauseln wie Dänemark und Großbritannien beziehungsweise das Vereinigte Königreich ausbedungen hat, damit die Zukunft des Schillings besiegelt hat. (Abg. Dr. Krüger: ... die Maastricht-Kriterien erfüllt sind!) Ja, ja.

Natürlich konnte man 1996 beziehungsweise zu Beginn 1997 noch im Zweifel darüber sein, ob die Maastricht-Kriterien tatsächlich erfüllt werden. Insofern verstehe ich ja die politische Ausrichtung des Volksbegehrens. Aber daß ausgerechnet Sie als Jurist auf die juristische Frage mit keinem Wort eingehen, das hat mich dann doch gewundert. Es hat ja damals, 1997, aus Anlaß des von Ihnen angekündigten und eingeleiteten Volksbegehrens eine erhebliche juristische Debatte auch in den österreichischen Tageszeitungen gegeben. Ich darf Sie nur daran erinnern, daß Professor Korinek die Situation in einem Zeitungsartikel in meinen Augen sehr klar und unmißverständlich zusammengefaßt hat, daß nämlich die Einführung des Euro kein Bundesgesetz mehr erfordert, sondern durch die österreichische Ratifizierung des EG-Vertrages - dabei handelt es sich vor allem um Artikel 109/J - abgehakt und beschlossen ist. Und sobald der Rat der EU in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs mit qualifizierter Mehrheit entschieden hat - und er hat ja inzwischen entschieden -, daß Österreich an der gemeinsamen Währung teilnimmt, ist diese für Österreich eingeführt. - Punkt.

Diese Entscheidung wirkt für Österreich unmittelbar. Das heißt, ein "Beitritt" - unter Anführungszeichen - Österreichs zur Währungsunion war nie vorgesehen, ist nicht vorgesehen, sondern wirkt aufgrund dieser Rechtslage unmittelbar. Das kann man jetzt bedauern, man kann sagen, das ist eine falsche Konstruktion des Vertrages und so weiter, man kann sagen, die Bevölkerung war 1994 darüber nicht aufgeklärt. Diesbezüglich würde ich Ihnen ja recht geben, aber so ist die Rechtslage - ob uns das paßt oder nicht.

Ein Verfassungsgesetz, das aufgrund dieses Volksbegehrens erlassen worden wäre - im Fall des Falles, daß Sie damit durchgekommen wären -, ein solches Verfassungsgesetz wäre, soweit ich das beurteilen kann, gemeinschaftsrechtswidrig und daher wirkungslos gewesen. Insofern wiederholen Sie in einer gewissen Weise das, was man der Bundesregierung für 1994 vorwerfen könnte. (Abg. Dr. Krüger: Man wurde getäuscht!) Ich würde nicht das Wort "Täu


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