Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 136

setzten Polizisten - denn Polizisten sind sie ja immer noch -, die Möglichkeit geboten wird, sich bei Fehlhandlungen strafrechtlichen Sanktionen zu entziehen. Darum geht es.

Es kann mir hier niemand weismachen, daß das irgend etwas mit operativer Tätigkeit zu tun hätte. Ich weiß auch, daß davon noch nicht die Rede ist und daß diese Eurocops - nennen wir sie so, denn das klingt so nett; Eurocops, auch wenn sie bis jetzt "nur" Computerexperten sind - noch nicht im operativen Kriminalgeschäft - im positiven Sinne - tätig sind, wenn sie "nur" mit Daten zu tun haben. Ja, was gibt es denn in der heutigen Zeit für unbescholtene Bürger und Bürgerinnen Gefährlicheres, als daß über sie Daten gesammelt werden? (Abg. Kiss: Ein paar Sachen gibt es da schon!) Der Herr Minister hat ja in seiner heutigen Aussendung - ich glaube, der Obmann des Innenausschusses hat es auch schon zitiert - gesagt, was diese EUROPOL-Zentrale ist: die Zentralstelle für den polizeilichen Informationsaustausch. - Das ist zwar die Wahrheit, aber darin liegt auch die Gefahr.

Die Gefahr ist, daß Menschen, die in der Zentralstelle des polizeilichen Informationsaustausches sitzen, mit den Daten machen können, was sie wollen, ohne daß ein Bürger, eine Bürgerin europaweit oder in jenem Rahmen, innerhalb dessen dieses Immunitätsprotokoll schon gilt, auch nur die geringste Möglichkeit dazu hat, eine Beschwerde gegen dieses Handeln zu erheben. Ja, glauben Sie nicht, Herr Kollege Leikam, daß Datenmißbrauch ähnlich gefährlich sein kann wie eine Waffe im eigentlichen Sinn? (Abg. Leikam: Datenmißbrauch steht drinnen!) Das ist meine Sorge, und darum sage ich, nichts unterscheidet Kleindienst von diesem Papier, denn da steht, daß es keine Möglichkeit gibt, Beschwerden gegen Fehlverhalten von Computerexperten in der EUROPOL-Zentrale zu erheben. Das ist jetzt nicht mehr möglich.

Was dort mit den Daten passiert, welcher Verwendung sie zugeführt werden, das entzieht sich jeglicher Kontrolle. Und das sind meine Hauptbedenken und meine Hauptkritik. Wir Grüne haben das schon im Winter vorgebracht, als das EUROPOL-Übereinkommen hier zur Diskussion stand. Kollege Anschober - ich weiß nicht, ob er damals noch im Nationalrat war, jedenfalls hat er sicherlich im Ausschuß dazu Stellung genommen - hat ja damals davor gewarnt. Was ist das Gefährliche an der EUROPOL? - Nicht die Tatsache, daß sie Verbrechensbekämpfung betreibt, denn das ist die Zielbestimmung und wird ja gewünscht, sondern das Gefährliche ist, daß sich die EUROPOL mit Übereinkommen wie diesem Protokoll über die Immunitäten der EUROPOL-Angehörigen tatsächlich außerhalb des in Österreich jetzt so vielzitierten "Verfassungsbogens" stellt. Denn das Legalitätsprinzip der österreichischen Bundesverfassung wird hier nicht beachtet.

Das ist es, was nicht nur der kleinen Fraktion der österreichischen Grünen Sorge bereitet, sondern auch - im politischen Sinne - gewichtigeren Männern wie dem Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages Hirsch, der im Rahmen der Diskussion, die diesbezüglich in Deutschland gelaufen ist, vehement dagegen Stellung bezogen hat. Das ist das, was ich in Österreich vermisse, und dieses Fehlen der Diskussion darüber bedauere ich.

Sie können jetzt sagen, auch wir haben einen Teil der Mitverantwortung dafür, daß es in Österreich diese öffentlichen Diskussionen über die EUROPOL und das Immunitätsprotokoll nicht gibt. (Abg. Kiss: Aber geh, ihr versucht doch eh die ganze Zeit, das aufzublasen! Ihr tut ja ununterbrochen anzünden!) Diese öffentliche Diskussion wird im Keim mit einer gewissen Rhetorik zu ersticken versucht. Immer wird von der "OK" gesprochen, und jeder glaubt, wenn dieses Kürzel für organisierte Kriminalität zu hören ist, es müsse jeder sofort schmähstad sein, es müsse jede Kritik sofort verstummen, denn die organisierte Kriminalität ist sozusagen der Popanz. Organisierte Kriminalität ist eine Gefahr, aber die Aushöhlung des Rechtsstaates ist dadurch nicht gerechtfertigt! (Beifall bei den Grünen.) Das ist es, Kollege Kiss, was uns hier Sorge bereitet.

Deshalb treten wir in solcher Weise gegen Politiker auf, die nicht Kleindienst heißen, sondern die Pirker heißen und davon sprechen, daß man sich gegen gezielten Rufmord und lähmende Anklageflut von Mafiaanwälten wehren will. Das ist ja so entlarvend! (Abg. Kiss: In Artikel 24 sind alle Kontrollmechanismen taxativ aufgezählt! Nur nachlesen!)

Kollege Kiss! Es schmerzt mich, wenn eine noch so große Partei wie die ÖVP - allzu groß ist sie ja nicht mehr -, eine so wesentliche und auch so geschichtsträchtige Partei wie die ÖVP,


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