Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 27

ziehen will. Daher sind auch jene Bekenntnisse, von denen Sie gesprochen haben, meiner Meinung nach nicht viel mehr wert als das Papier, auf dem sie stehen, denn in der Sache selbst ändert sich nichts. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher muß Handlungsfähigkeit bewiesen werden. Wenn aber die Handlungsfähigkeit darin liegt, daß Herr Bartenstein jetzt nicht mehr "Kinderbetreuungsscheck", sondern "Kinderbetreuungsgeld" sagt und meint, dieses wäre insbesondere Frauen betreffend ein Beitrag zur Arbeitsmarktpolitik, dann schaut es schlecht aus, denn das ist ja nichts anderes, als daß er die Frauen dafür bezahlen will, daß sie nur ja zu Hause bleiben und somit den angespannten Arbeitsmarkt entlasten. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Das sind offenbar die Weichenstellungen, die sich die ÖVP vorstellt. Die Kammerpartei ÖVP denkt nicht daran, die Zügel zu lockern oder gar loszulassen, um Arbeitsplätze zu schaffen, sondern zieht nach ihrer Vorstellung lieber die Zügel an, denn der Kammerstaat, von der ÖVP dominiert, soll bestehen bleiben, also schaut sie lieber, daß die anderen draußen bleiben, und in dem Fall sind das die Frauen. Die Frauen sind es auch deshalb, weil es Realität ist - ich muß eigentlich diese Zahlen nicht noch einmal wiederholen, denn sie sind bekannt -, daß die Arbeitslosigkeit der Frauen EU-weit um 12 Prozent höher ist als jene der Männer und daß die Beschäftigungsquote um 20 Prozent geringer ist.

Nun sage ich noch etwas zur Beschäftigungsquote. Ich weiß, daß sie jetzt gestiegen ist, nur muß man auch wissen, wie sie gestiegen ist und warum sie gestiegen ist. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und was mich an den Statistiken in diesem Zusammenhang, aber auch im Zusammenhang mit unserer Arbeitslosigkeit schlechthin so stört, ist, daß man die Augen vor unserem Pensionssystem verschließt, davor, welche Praxis wir haben, was das Gleiten in die Frühpension betrifft.

Wir leben heute - man kann das alles nachlesen - um vier Jahre länger, wir arbeiten um acht Jahre weniger, und wir erhalten um neun Jahre länger unsere Pension. Das ist die Situation, von der durch Statistiken abgelenkt wird, wenn es heißt, daß wir insgesamt in Europa ganz gut dastehen.

Ich weiß, wenn ich dann von Arbeitszeitflexibilisierung reden werde, daß all das Langzeitprojekte sind, aber es gibt konkrete Dinge, die jetzt zu machen wären, und zwar Anreize für Unternehmensgründungen zu schaffen, Anreize dafür zu geben, daß auch dort Arbeitsplätze geschaffen werden - und ich sage jetzt noch dazu: mit einer zusätzlichen Qualifikation zum Beispiel für Frauen Arbeitsplätze zu schaffen. Das geht nur über steuerliche Anreize, und daher müßte dies Teil einer Steuerreform sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das geht nur, indem wir die Stärkung des Eigenkapitals forcieren. Es geht um die Besteuerung nichtentnommener Gewinne, es geht insgesamt um die Besteuerung, darum, daß Fremdkapital nicht bessergestellt ist als Eigenkapital. Das ist ein alter Hut, ich weiß es, aber das ist kein Langzeitprojekt, sondern das ist sofort umsetzbar. Das heißt, es wäre umsetzbar, wenn jene Steuerreform, von der schon so lange geredet wird, in die Tat umgesetzt werden würde. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Erster konkreter Punkt: Steuerreform. Es ist mir völlig klar, daß diese Steuerreform nur dann funktionieren kann, wenn die Ausgabenseite des Staates reduziert wird. Auch das ist ein alter Hut, eine Binsenweisheit, nur: Das Darüberreden nützt nichts, wenn keine konkreten Maßnahmen getroffen werden. Das bedeutet aber auch Bürokratieabbau. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da wende ich mich wieder an die ÖVP: Ihre Gewerbeordnungsnovellen haben den Titel Reform nie verdient. Wir brauchen eine radikale Reform der Gewerbeordnung, um auf diese Weise den Einstieg ins selbständige Berufsleben direkt zu ermöglichen.

Ich komme aber schon zum Schluß: Frau Ministerin! Die Arbeitszeitverkürzung, wie sie unter anderem vom Herrn Präsidenten forciert wird - Sie haben die 35-Stunden-Woche in Ihrer "Pressestunde" durchaus differenzierter betrachtet -, muß meiner Meinung nach anders stattfin


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