Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 28

den. Sie muß in einem Lebensverlauf stattfinden. Das heißt, es muß möglich sein, Zeitsparkonten zu errichten, Zeitsparkonten für Karenzen, für Bildungsfreistellungen, für Pflegefreistellungen. (Abg. Verzetnitsch: Das haben wir beschlossen!) - Aber nicht generell. Wir brauchen eine ganz andere Flexibilität und Möglichkeit ... (Abg. Verzetnitsch: Sie haben es mitbeschlossen!) - Unausreichend, wie Sie wissen.

Dazu - das ist meine letzte Bemerkung - muß man noch etwas sagen: Eine Diskussion, die noch lange dauern wird, die Sie aber bisher in der Sache selbst verweigert haben, ist notwendig, um die Arbeitszeitverkürzung auch lebbar zu machen. Wir haben nichts davon, wenn sie nur auf dem Papier steht, sie muß lebbar sein. Und für die Lebbarkeit brauchen wir eine Grundsicherung. Diese Grundsicherung - das ist meine feste Überzeugung - ist eine der wesentlichsten Weichenstellungen (Beifall beim Liberalen Forum), und zwar nicht nur, um den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft zu gewährleisten, sondern auch, um eine andere Verteilung der Arbeit zu ermöglichen, denn das Ziel muß sein: Arbeit für mehr Menschen! - Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Gegenstand zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. - Bitte, Frau Bundesministerin.

9.52

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zu dem Thema, das das Liberale Forum zum Gegenstand dieser Aktuellen Stunde gemacht hat, aus meiner Sicht Stellung zu nehmen und einige Positionierungen dazu einzubringen, wobei ich mich auf den Bereich, der sich mit der Arbeitszeit befaßt, konzentrieren möchte.

Die Frau Abgeordnete hat sehr viele Themen ausführlich angesprochen, wobei jedes für sich wesentlich mehr Zeit erfordern würde, um darauf vertiefend einzugehen. Ich glaube, es wäre unbefriedigend, nur kursorisch zum einen oder anderen Punkt, angefangen bei der Steuer- bis zur Gewerbeordnung, Position zu beziehen. Daher bitte ich um Verständnis dafür, daß ich versuchen möchte - um auch konkreter zu sein -, mich auf einen Themenbereich bezüglich der Frage Flexibilisierung zu konzentrieren.

Europa steht an der Schwelle zum dritten Jahrtausend vor großen Herausforderungen. In der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt sind Entwicklungen im Gange, die nach neuen Denkmustern und nach zeitgemäßen Strategien verlangen. Die Internationalisierung der Produktionsweisen und neuartige technologische Entwicklungen machen auch vor der heimischen Industrie, vor der heimischen Wirtschaft und vor dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht halt. Die österreichische Wirtschaft und der heimische Arbeitsmarkt müssen sich den neuen Rahmenbedingungen stellen. Alte Denkmuster sind kritisch zu hinterfragen, alteingesessene Traditionen zu überdenken.

17 Millionen Arbeitslose in Europa und über 200 000 in Österreich sind kein Ruhekissen. Beschäftigung zu erhalten und neue Arbeitsplätze zu schaffen muß daher unser zentrales politisches Credo in allen Politikbereichen sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! In diesem Bemühen müssen wir auch für neue Modelle der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit offen sein. Damit aber gleichzeitig auch grundlegende soziale Standards über Bord zu werfen, wäre meiner Überzeugung nach und, ich glaube, auch vieler, die hier im Raum sind, mit Sicherheit der falsche Weg. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Es ist unleugbar, daß für die Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb neue Arbeitszeitmodelle wichtig sind, die sowohl die Bedürfnisse der einzelnen Betriebe als auch die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen. In diesem Sinne möchte ich klar und deutlich feststellen: Eine Flexibilisierung ist nur dann annehmbar, wenn sie keine Einbahnstraße ist. Neue Ansätze müssen gleichermaßen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zugute kommen.


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