Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 29

Österreich ist mit dem Arbeitszeitgesetz 1997 den neuen Anforderungen offensiv begegnet, sehr geschätzte Frau Abgeordnete! In diesem Gesetz haben wir Modernität und sozialen Schutz in einer, wie ich glaube, sehr guten Form zusammengeführt. Derzeit können zum Beispiel mittels Kollektivvertrag langfristige Durchrechnungen der Normalarbeitszeit zugelassen werden. Damit wären auch Jahresarbeitszeitmodelle und sogar Modelle, die über eine Jahreszeit hinausgehen, möglich.

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß zum Beispiel in der eisen- und metallverarbeitenden Industrie, aber auch in zahlreichen anderen Wirtschaftsbereichen eine wesentliche Flexibilisierung der Arbeitszeit stattgefunden hat. Nunmehr liegt es an den Betrieben, für ihre Bedürfnisse - unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Arbeitnehmer - maßgeschneiderte Arbeitszeitmodelle zu entwickeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde aus diesem Grunde festgelegt, daß die Durchrechnungsmodelle mittels Kollektivverträge zugelassen werden müssen, da auf diesem Weg die Gegebenheiten der jeweiligen Branche am besten geregelt werden können.

Darüber hinaus stellt das Gesetz den Grundsatz auf, daß Arbeitszeitmodelle umso flexibler sein können, je längere zusammenhängende Freizeiträume für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen entstehen.

Und schließlich wurde die grundlegende Regelung getroffen, daß die Arbeitszeit zu vereinbaren ist und Abweichungen nur in Sonderfällen - und auch dann nur mit einer entsprechenden Vorankündigungsfrist - möglich sind.

Dadurch wurde sichergestellt, daß die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihre familiären und sozialen Interessen mit ihrer Berufstätigkeit vereinbaren können und sogar, so möchte ich aus der Praxis sagen, besser vereinbaren können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Nicht nur die betriebliche Arbeitszeit, sondern auch das Arbeitsleben wird in Zukunft immer flexibler gestaltet werden. Phasen der Erholung und der Weiterbildung sind nicht nur für das berufliche Fortkommen wichtig, sondern schaffen auch Arbeitsplätze für Arbeitslose. Einen wichtigen Beitrag dazu lieferte das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997. Dieses hervorragende Gesetz wurde in diesem Hause beschlossen und enthält Regelungen über die Bildungskarenz, die Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes, das Solidaritätsprämienmodell sowie auch neue Möglichkeiten zur Herabsetzung der Normalarbeitszeit.

Mit diesen Modellen zur Umverteilung der Arbeit werden neben beschäftigungspolitischen auch gesellschaftspolitische Ziele verfolgt. Ich würde mir wünschen, sehr geschätzte Damen und Herren, daß diese Optionen, diese Angebote noch offensiver und noch mehr genützt werden, und ich bitte Sie in diesem Zusammenhang auch um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regelungen eröffnen Optionen. Und es ist wichtig, darauf hinzuweisen, daß diese Möglichkeiten der flexiblen Gestaltung der Lebensarbeitszeit auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen werden sollen und müssen, weil, wie ich glaube, nur so die Akzeptanz dieser Modelle gegeben sein wird. Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen wird es ermöglicht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, und das frei werdende Arbeitsvolumen steht dann arbeitsuchenden Menschen zur Verfügung.

Flexibilisierung kann jedoch keinesfalls bedeuten, daß Arbeitnehmerschutznormen aufgeweicht oder womöglich sogar abgeschafft werden. Allen derartigen Vorstößen - dies wurde in diesem Haus bereits mehrfach betont - müßten wir gemeinsam entgegentreten.

Der Schutz der Arbeitnehmer vor einer übermäßigen Inanspruchnahme der Arbeitskraft und vor gesundheitlichen Schäden muß stets Priorität haben. Zu diesen schutzwürdigen Interessen zählt auch die Wochenend- und insbesondere die Sonn- und Feiertagsruhe.


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