Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 54

1. Punkt

Erklärung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Bergwerksunglück in Lassing

Präsident Dr. Heinz Fischer: Daher erhält jetzt Herr Bundesminister Farnleitner das Wort, um die von ihm begehrte und von der Präsidialsitzung akzeptierte Erklärung abzugeben. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Mag. Stadler: Der Umstand, daß er erklärt, ist akzeptiert worden, nicht die Erklärung! Herr Präsident, ich lege Wert darauf!)

10.44

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe gestern abend wohl eine der schwierigsten und schwersten Stunden während meiner Amtszeit als Wirtschaftsminister erlebt. Ich wurde erstmals persönlich mit Beweisen konfrontiert, die einen unrechtmäßigen Abbau im Talkbergbau der Naintscher Mineralwerke GmbH bestätigen. Ich war und bin weiters mit der noch ungelösten Frage konfrontiert, ob, wann, warum und warum nicht die zuständige Bergbehörde erster Instanz, die Berghauptmannschaft Leoben, von diesem Abbau Bescheid wußte.

Jede Information, meine Damen und Herren, die ich Ihnen gebe, wie auch die Informationen, die in meinem Bericht an den Ministerrat enthalten sind, habe ich nach bestem Wissen auf der Basis der Berichte der Experten meines Hauses gegeben. Ich habe immer versucht, Gerüchte klar von Fakten zu trennen. Die Fakten, über die ich verfüge, sollen und müssen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Daher habe ich auch gestern, als ich nach 19 Uhr anhand konkreter Unterlagen über die nun vorhandenen neuen Erkenntnisse informiert worden bin, sofort über die Medien Mitteilung davon gegeben.

Ich habe von Anfang an eine objektive Prüfung aller Vorgänge verlangt. (Beifall bei der ÖVP.) Mein Gespräch mit dem Herrn Bundeskanzler, Herr Klubobmann, war der bloße Anruf, daß ich aufgrund der mir vorliegenden neuen Informationen sofort ins Fernsehen gehen werde. Das war alles, was wir am Telephon miteinander gesprochen haben. (Abg. Dr. Haider: "Zufällig" vor der Debatte!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie nun kurz vorweg über die mir gestern vorgelegten Erkenntnisse informieren.

Grundsätzlich verläuft das Abbausystem im Talkbergbau Lassing in sogenannten Scheiben von oben nach unten. Dabei werden die einzelnen Scheiben nahezu vollständig abgebaut und die Abbauhohlräume mit Magerbeton verfüllt. Unterhalb der jetzigen Pinge befindet sich eine Abbauscheibe 1A, welche etwas höher liegt als die sogenannte Jausenkammer, aus der Georg Hainzl gerettet wurde. Der Abbau in diesem Bereich wurde im Jahr 1995 begonnen. Im Hauptbetriebsplan 1996/97 wurden Abbautätigkeiten in diesem Bereich ausgewiesen und von der Berghauptmannschaft Leoben genehmigt. In den Hauptbetriebsplänen 1997/98 und 1998/99 wurde kein Abbau auf dieser Scheibe 1A ausgewiesen. Dementsprechend ist eine Abbautätigkeit nicht von der Genehmigung des Hauptbetriebsplans erfaßt.

Aus dem Genehmigungsbescheid 1997/98 geht darüber hinaus hervor, daß die Scheibe 1A im Jahre 1996 fertig abgebaut worden sei.

Die Oberste Bergbehörde hatte die Berghauptmannschaft Leoben beauftragt, zur Klärung der Ursache des Grubenunglücks Erhebungen durchzuführen. Dabei sind erst am 15. September 1998 Unterlagen – darunter die sogenannte Arbeitskarte – von den Naintscher Mineralwerken übergeben worden, die belegen, daß von 1995 bis Juni 1998, genau von März 1995 bis Juni 1998, Abbautätigkeiten auf dieser Scheibe 1A durchgeführt wurden. Bei dieser Übergabe wurde ein Protokoll erstellt, das auch vom Werksleiter, Prokurist Dipl.-Ing. Hermann Schmidt, unterzeichnet ist, in dem der Widerspruch zwischen genehmigtem und getätigtem Abbau festgehalten wurde. Damit, meine Damen und Herren, wird deutlich, daß seit März 1997 bis Juni 1998 nicht genehmigte Abbautätigkeiten vorgenommen wurden.


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