Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 91

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Ist die Stimme der Frau Schmidt wirklich 25 000mal mehr wert als die Stimme eines Normalbürgers? (Abg. Dr. Schmidt: Sie kennen das Wahlrecht nicht, Frau Kollegin! Lesen Sie das Wahlrecht, dann wissen Sie, was damit gemeint ist!) Ist sie wirklich 25 000mal mehr wert als die Stimme von Herrn oder Frau Österreicher? (Beifall bei der ÖVP.) Ist sie wirklich 25 000mal mehr wert als, sagen wir – weil ich gerade meinen Klubobmann in der ersten Reihe sehe –, eines wahlberechtigten, aufrechten Tiroler Schützen? – Ich vermag das nicht zu verstehen. (Abg. Dr. Khol: Ich bin kein Schütze!)

Meine Damen und Herren! Das Kurienwahlrecht wurde an und für sich bereits im Jahre 1907 abgeschafft, aber für die Frau Schmidt schaffen wir das Kurienwahlrecht erst heute ab. (Lebhafte Zwischenrufe der Abgeordneten Smolle und Mag. Barmüller. – Abg. Wabl: Kein Normalbürger darf dort unten beim Rednerpult stehen! Der wird von den Ordnern hinausgeworfen!) Daher war es mir ein dringendes, wichtiges Anliegen, daß das endlich beschlossen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Es macht mich besonders betroffen, Frau Dr. Schmidt, daß gerade Sie ein so feudales und demokratiepolitisch bedenkliches Privileg in Anspruch nehmen. Ich empfinde es als eine besondere Provokation, daß dieselbe Abgeordnete nicht nur ihre Konkurrentin, sondern auch noch sich selbst unterstützt hat, daß also ihre Stimme de facto 50 000 Normalbürgerstimmen wert war. Daher vermag ich auch wirklich nicht zu verstehen, warum Sie, Frau Dr. Schmidt, diesem Gesetz nicht zustimmen können. Auch wenn Sie erklären, daß es nicht Ihr höchstpersönliches Anliegen ist, das hier weiter aufrecht zu erhalten, wird es Ihnen trotz allem niemand glauben. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Zusammenhang mit der Novelle zur Bundespräsidentenwahlordnung möchte ich noch folgenden Antrag einbringen:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 854/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird (1394 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In Ziffer 9 des Antrages lautet der Abs. 4 § 10 des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971 wie folgt:

"Die Stimmabgabe im Ausland kann unmittelbar nach Erhalt der Wahlkarte, die Stimmabgabe für den zweiten Wahlgang frühestens am elften Tag nach dem Wahltag des ersten Wahlgangs erfolgen."

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Meine Damen und Herren! Ich finde es auch höchst an der Zeit, daß beim Volksbegehrengesetz die Privilegierung der Abgeordnetenstimmen endlich entfällt. Diese Privilegierung wurde unter anderem mehrfach von Dr. Haider für Parteibegehren mißbraucht. Wie schon der Name sagt, soll es sich ja um ein Volksbegehren und nicht um ein Parteibegehren handeln. Daß diese Parteibegehren übrigens nur mäßig erfolgreich waren, ist angesichts der Kosten, die der öffentlichen Hand damit verursacht wurden, nur ein schwacher Trost.

Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten haben, wie wir wissen, die Möglichkeit der Initiativanträge und anderer geschäftsordnungsmäßiger Instrumentarien, die sie nützen sollen, statt – unter Anführungszeichen – "Volksbegehren" zu mißbrauchen. Es ist aber irgendwie augenfällig, daß sowohl Frau Dr. Schmidt als auch Herr Dr. Haider, jeder auf seine Weise, mit ihren Abgeordnetenprivilegien eigentlich demokratiepolitische Instrumentarien mißbrauchen. (Abg. Dr. Graf: Das ist absolut schwach! Wie die ÖVP das Konferenzzentrum-Volksbegehren gemacht


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