Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 93

Meine Damen und Herren! Beim Volksbegehrengesetz halten Sie es offenbar gar nicht mehr für notwendig, daß auch behinderte Menschen ihre Unterschrift leisten können. Frau Rauch-Kallat! Ich frage Sie: Warum nicht? (Abg. Rauch-Kallat: Warum haben Sie überhaupt keine Initiative gesetzt? Das kommt sehr spät! Ich hätte mir eigentlich erwartet, daß die Grünen viel aktiver werden!)

Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß im Verfassungsausschuß ein Entwurf zum Behindertengleichstellungsgesetz – Sie wissen das ja auch als Mitglied der Arbeitsgruppe –, das selbstverständlich nur im Verfassungsausschuß beschlossen werden kann, nach wie vor ansteht. Frau Rauch-Kallat! Sie waren zwar diejenige, die sich dankenswerterweise für die Verfassungsbestimmung eingesetzt hat, aber unsere Forderung nach einem Behindertengleichstellungsgesetz liegt noch immer im Verfassungsausschuß und wird nicht behandelt.

Deshalb meine Frage, Frau Rauch-Kallat: Warum gilt das nicht für das Volksbegehrengesetz? Warum sollen behinderte Menschen keine Möglichkeit haben, bei einem Volksbegehren in einem barrierefreien Lokal ihre Unterschrift abzugeben? Ich habe daher einen weiteren Abänderungsantrag vorbereitet. Dieser bezieht sich auf das Volksbegehrengesetz und beinhaltet, daß alle Eintragungsorte auch bei Volksbegehren barrierefrei zugänglich sein und Leitsysteme für blinde und schwer sehbehinderte Menschen haben müssen. (Abg. Rauch-Kallat: Hätten Sie Anträge gemacht!)

Frau Rauch-Kallat! Ich würde mir wünschen, daß der Verfassungsausschuß schon bald über die Erstellung der Schablonen bei Nationalratswahlen berät. Es wäre gut, die Verhandlungen darüber schon jetzt aufzunehmen, um zu überlegen, wie solche Schablonen ausschauen können, damit sie nicht bei jeder Wahl neu gestanzt werden müssen. Sicher gibt es dafür bereits gewisse Leitsysteme. Man sollte sich auch den Zeithorizont überlegen. Ich glaube, es müßte möglich sein, daß es bis zum Jahre 2003, wenn wahrscheinlich die übernächsten Nationalratswahlen stattfinden werden, entsprechende Schablonen gibt, die sehbehinderten und blinden Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Möglichkeit ihres Wahlrechtes geben.

Einen positiven Punkt möchte ich noch herausstreichen. Es liegt mir schon lange am Herzen, daß es endlich nicht mehr die Aufgabe des Arztes ist, zu beurteilen, ob jemand wählen kann oder nicht, sondern daß die Entscheidung, ob jemand aufgrund seiner körperlichen Situation wahlfähig ist oder nicht, dem einzelnen überlassen wird, und daß nicht mehr vom Arzt bestimmt wird, dieser darf wählen und jener nicht. Das betrachte ich als einen großen Fortschritt, denn diese Arztentscheidung war eine massive Entmündigung, speziell für Menschen in Altenheimen und in Krankenhäusern.

Ich würde mir wünschen, daß man nicht bei diesem guten Ansatz der Barrierefreiheit der Wahllokale stecken bleibt, sondern daß dieser Ansatz rasch weiterentwickelt wird, nämlich dahin gehend, daß alle Wahllokale, wie schon erwähnt, barrierefrei sein müssen, und zwar sowohl für Nationalratswahlen als auch für Bundespräsidentenwahlen, für Europawahlen und selbstverständlich auch für Volksbegehren. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Motter.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, wollten Sie nicht einen Antrag einbringen?

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Danke, Herr Präsident.

Ich bringe folgende drei Abänderungsanträge ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und FreundInnen betreffend den Antrag der Abgeordneten Dr. Khol, Dr. Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksbegehrengesetz 1973 geändert wird (853/A), in der Fassung des Ausschußberichtes, 1395 der Beilagen


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